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  • 22. März 2021 ― Lesezeit: 10 Minuten
    Martina Feichter, Medizinredakteurin und Biologin

    Schilddrüsenunterfunktion

    Als Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) bezeichnen Mediziner eine mangelhafte Hormonproduktion der Schilddrüse. Der Hormonmangel verlangsamt alle Stoffwechselprozesse des Körpers und verringert die Leistungsfähigkeit. Die Schilddrüsenunterfunktion ist eine der häufigsten Stoffwechselerkrankungen. Frauen leiden häufiger darunter als Männer. Hier erfahren Sie alles Wichtige zu Symptomen, Ursachen und Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion.

    Kurzübersicht
    • Häufige Symptome: Müdigkeit, Gewichtszunahme, Verstopfung, Niedergeschlagenheit, Frieren
    • Untersuchungen: Bluttest auf Schilddrüsenwerte, Ultraschall, Szintigrafie
    • Behandlung: L-Thyroxin-Tabletten
    • Achtung: Hormondosis regelmäßig kontrollieren (TSH-Wert), richtige Behandlung in der Schwangerschaft besonders wichtig
    • Facharzt: Innere Medizin (Endokrinologie), Gynäkologie (bei Schwangeren), Hausarzt

    Schilddrüsenunterfunktion: Symptome

    Bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) bildet die Schilddrüse zu wenig der beiden Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Sie beeinflussen beim Menschen fast alle Stoffwechselvorgänge und sind damit lebenswichtig. Während eine leichte Schilddrüsenunterfunktion meist kaum Symptome auslöst, bremst ein stärkerer Hormonmangel fast die gesamte Stoffwechselaktivität deutlich. Das verursacht teils starke Beschwerden.

    Allgemeine Symptome

    Häufige Symptome bei Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) sind etwa Leistungs- und Konzentrationsschwäche sowie Müdigkeit. Betroffenen Personen fühlen sich oft energielos und niedergeschlagen.

    Eine gesteigerte Kälteempfindlichkeit ist bei einer Schilddrüsenunterfunktion ebenfalls typisch. Die Haut kann kühl, trocken, rau und verdickt sein; manchmal treten gelbliche Verfärbungen auf (Einlagerung des Farbstoffes Karotin!).

    Außerdem kann eine Schilddrüsenunterfunktion Haarausfall auslösen und die Haare struppig und glanzlos machen. Die Muskeln wiederum neigen vermehrt zu Krämpfen. Durch den verlangsamten Stoffwechsel nehmen Betroffene häufig zu, ohne ihre Ernährungsgewohnheiten verändert zu haben.

    Äußerlich kann eine Schilddrüsenunterfunktion Anzeichen wie ein geschwollenes Gesicht mit verdickten Lippen und vergrößerter Zunge, Schwellungen um die Augenhöhlen und damit schlitzartig verengte Lidspalten hervorrufen.

    Grund für die teigig geschwollene Haut sind spezielle Kohlenhydratketten, sogenannte Glykosaminoglykane. Bei einer Hypothyreose werden sie nicht mehr richtig abgebaut und sammeln sich im Bindegewebe. Mediziner sprechen vom sogenannten Myxödem. Möglicherweise sind davon auch die Stimmbänder betroffen, was eine raue, heisere Stimme hervorruft.

    Eine Schilddrüsenunterfunktion kann darüber hinaus folgende Beschwerden verursachen:

    • Depressive Verstimmung
    • Verstopfung
    • Verlangsamung des Herzschlags (Bradykardie), Vergrößerung des Herzens, niedriger Blutdruck
    • Durchblutungsstörungen mit Missempfindungen (wie ?Ameisenlaufen?)
    • Zyklusstörungen bei Frauen
    • Einschränkungen von sexueller Lust (Libido), Fruchtbarkeit und Potenz (Erektile Dysfunktion = Impotenz)
    • Kropf (Struma)

    Manchmal verändert eine Schilddrüsenunterfunktion Blutwerte wie die Menge an Hämoglobin und roten Blutkörperchen. Während sich diese Parameter bei Hypothyreose verringern können, ist der Cholesterinspiegel oft erhöht. Das kann zu frühzeitiger Arterienverkalkung (Arteriosklerose) führen.

    Eine Hashimoto-Thyreoiditis ? also eine chronische Entzündung der Schilddrüse ? kann nicht nur eine Schilddrüsenunterfunktion hervorrufen, sondern zusätzlich mit einem Schwund der Magenschleimhaut (chronisch-atrophische Gastritis) sowie anderen Autoimmunerkrankungen einhergehen.

    Symptome bei älteren Menschen

    Bei älteren Menschen werden oft als einzige Symptome bei Schilddrüsenunterfunktion Kälteempfindlichkeit, Leistungsschwäche oder Depression beobachtet. Nicht selten werden solche Anzeichen fälschlicherweise als Alterserscheinungen, Demenz oder Depression interpretiert, und die eigentliche Ursache ? die Hypothyreose ? bleibt unerkannt.

    Symptome bei Babys

    Babys mit angeborener Schilddrüsenunterfunktion zeigen gleich nach der Geburt typische Symptome: Sie bewegen sich wenig, wollen nichts trinken und haben schwache Muskelreflexe. Auch Verstopfung und eine verlängerte Neugeborenen-Gelbsucht können auf eine Schilddrüsenunterfunktion hinweisen.

    Bleibt der Hormonmangel unbehandelt, kommt es im weiteren Verlauf zu Wachstumsverzögerungen, verzögerter geistiger Entwicklung und Störungen der Sprachentwicklung. Diese schwere Form der unbehandelten Schilddrüsenunterfunktion wird Kretinismus genannt.

    Latente Schilddrüsenunterfunktion: Symptome

    Bei der latenten (?verborgenen?) Schilddrüsenunterfunktion ist die Konzentration der Schilddrüsenhormone (noch) nicht erniedrigt, nur der TSH-Wert ist erhöht. Deshalb treten Symptome wie Leistungs- und Konzentrationsschwäche, Müdigkeit etc. hier nicht oder nur in geringer Ausprägung auf.

    Schilddrüsenunterfunktion: Ursachen und Risikofaktoren

    Übergeordnete Zentren im Gehirn ? Hypothalamus und Hypophyse (Hirnanhangdrüse) ? steuern die Produktion der Schilddrüsenhormone: Der Hypothalamus schüttet das Hormon TRH aus. Es regt die Hirnanhangsdrüse an, das Hormon TSH freizusetzen. Dieses wiederum fördert die Produktion der Schilddrüsenhormone.

    Die Ursachen für eine Schilddrüsenunterfunktion können auf jeder der drei Ebenen entstehen: durch Störungen in der Funktion der Schilddrüse selbst, durch eine gestörte TSH-Produktion in der Hypophyse oder durch eine unzureichende TRH-Ausschüttung aus dem Hypothalamus. Mediziner unterscheiden dementsprechend verschiedene Formen von Hypothyreose:

    Primäre Schilddrüsenunterfunktion

    Die weitaus häufigste Ursache für die Schilddrüsenunterfunktion liegt in der Schilddrüse selbst. Mediziner sprechen dann von einer primären Schilddrüsenunterfunktion. Die Ursachen können angeboren sein oder erst im Laufe des Lebens auftreten:

    Angeborene Schilddrüsenunterfunktion

    Manche Kinder werden ohne Schilddrüse geboren (Athyreose). Bei anderen ist die Schilddrüse fehlerhaft entwickelt (Schilddrüsendysplasie), oder es passieren Fehler bei der Produktion der Schilddrüsenhormone. Auch wenn eine schwangere Frau eine zu hoch dosierte Therapie gegen eine Überfunktion ihrer Schilddrüse erhält, kann das Kind im Mutterleib eine Schilddrüsenunterfunktion entwickeln.

    Erworbene Schilddrüsenunterfunktion

    Eine erworbene Schilddrüsenunterfunktion ist in den meisten Fällen die Folge einer chronischen Entzündung der Schilddrüse. Diese sogenannte Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung: Der Körper bildet spezielle Antikörper, die das eigene Schilddrüsengewebe zerstören. Es kann dann keine ausreichende Menge an Schilddrüsenhormonen mehr produzieren. Warum der Körper die Antikörper bildet, ist noch unklar.

    Eine erworbene Schilddrüsenunterfunktion kann auch die Folge einer vorausgegangen ärztlichen Behandlung sein. So schießt die Therapie einer Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose) manchmal über das Ziel hinaus: Sowohl eine Bestrahlung mit radioaktivem Jod als auch eine Behandlung mit Medikamenten gegen Hyperthyreose kann die Hormonproduktion so nachhaltig stören, dass aus der Überfunktion eine Unterfunktion wird.

    Eine Schilddrüsenoperation (zum Beispiel aufgrund einer vergrößerten Schilddrüse = Kropf, Struma) kann ebenfalls zur Hypothyreose führen, wenn nicht mehr genug gesundes Schilddrüsengewebe übrig bleibt.

    Manchmal spielt bei der Entstehung einer erworbenen Hypothyreose Jodmangel eine Rolle: Die Schilddrüse braucht das Spurenelement zur Bildung der Schilddrüsenhormone. Wer mit der Nahrung zu wenig Jod aufnimmt, kann einen extremen Jodmangel und in der Folge eine Hypothyreose entwickeln.

    Sekundäre Schilddrüsenunterfunktion

    Die Ursache der Hypothyreose liegt bei einer sekundären Schilddrüsenunterfunktion in der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse): Sie produziert zu wenig TSH, also jenes Hormon, das die Schilddrüse zur Hormonproduktion animiert. Ärzte sprechen dabei von einer Hypophyseninsuffizienz. Im Gegensatz zur primären Schilddrüsenunterfunktion, sind bei der sekundären Form sowohl die T3/T4-Blutwerte erhöht, als auch der TSH-Wert.

    Grund für die gestörte TSH Ausschüttung kann ein Tumor in der Hirnanhangsdrüse sein, oder deren operative Entfernung oder Bestrahlung. Auch ein Schädel-Hirn-Trauma kann die Hirnanhangsdrüse schädigen. Die sekundäre Schilddrüsenunterfunktion ist selten.

    Tertiäre Schilddrüsenunterfunktion

    Noch seltener ist die tertiäre Schilddrüsenunterfunktion, deren Ursache beim Hypothalamus liegt. Er produziert dann zu wenig des Hormons TRH, das über die Hypophyse letztlich die Schilddrüsenhormonproduktion regelt.

    Schilddrüsenunterfunktion ? Häufigkeit

    Ungefähr ein Prozent der Bevölkerung leidet unter einer Unterfunktion der Schilddrüse. Etwa eines von 3.200 Neugeborenen kommt mit Hypothyreose zur Welt. Man nennt das eine primäre angeborene Schilddrüsenunterfunktion.

    Neben diesen Patienten mit manifester Hypothyreose gibt es noch zahlreiche Menschen, die eine sogenannte latente Schilddrüsenunterfunktion aufweisen: Die Blutwerte der Schilddrüsenhormone sind bei ihnen normal, aber das TSH ist erhöht. Das bedeutet, dass die Schilddrüse nur noch dann ausreichende Hormonmengen produziert, wenn sie von der Hypophyse sehr stark angeregt wird. Eine latente Hypothyreose kann sich später zu einer manifesten Schilddrüsenunterfunktion entwickeln.

    Schilddrüsenunterfunktion: Untersuchungen und Diagnose

    Bei dem Verdacht auf eine Hypothyreose wird Sie der Arzt zunächst über die typischen Symptome befragen und anschließend körperlich untersuchen. Er kann beispielsweise die Beschaffenheit Ihrer Haut erfühlen oder auch die die vordere Halsregion abtasten, wo sich die Schilddrüse befindet. So kann er deren Größe und Konsistenz beurteilen.

    Laborwerte der Schilddrüsenhormone

    Wichtig ist auch eine Blutentnahme. Einer der wichtigsten Blutwerte für die Klärung eines Hypothyreose-Verdachts ist der TSH-Wert. Die Konzentration dieses Hormons im Blut verrät, wie stark die Schilddrüse zur Hormonproduktion angeregt werden muss, um ausreichend Schilddrüsenhormone zu produzieren. Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse ist die TSH-Konzentration im Blut in den meisten Fällen erhöht.

    Wenn der TSH Wert erhöht ist, bestimmt der Arzt außerdem den T4-Wert im Blut. Ist dieser normal, deutet das auf eine latente Schilddrüsenunterfunktion hin. Ist der T4-Wert allerdings niedrig, handelt es sich um eine manifeste Schilddrüsenunterfunktion. Allerdings bewertet der Arzt die Hormonwerte immer individuell, denn abhängig von Alter und Gewicht des Patienten gelten andere Normwerte. Wenn körperliche Symptome fehlen, misst er meist nochmals nach.

    Weitere Diagnostik bei Hypothyreose

    Unter Umständen veranlassen Ärzte noch weitere Untersuchungen, um etwa den Grund der Schilddrüsenunterfunktion festzustellen:

    • Ultraschalluntersuchung: Größe und Beschaffenheit der Schilddrüse lassen sich anhand einer Ultraschalluntersuchung bestimmen.
    • Biopsie: Manchmal entnimmt der Arzt auch Gewebeproben zur Analyse im Labor. So kann er Hinweise auf einen Tumor oder eine Entzündung finden.
    • Szintigrafie: Bei der Szintigrafie untersucht der Arzt die Schilddrüsenfunktion mithilfe radioaktiv markierter Stoffe (Radionukliden).
    • Antikörpernachweis: Der Arzt kann das Blut des Patienten auf Auto-Antikörper untersuchen. So stellt er fest, ob die Hashimoto-Krankheit der Grund für die Hormonstörung ist.

    Sinnvoll ist der Antikörpernachweis vor allem für Patienten mit latenter Schilddrüsenunterfunktion. Liegt bei ihnen eine Hashimoto-Krankheit vor, ist das Risiko erhöht, dass sich aus der latenten irgendwann eine manifeste Erkrankung entwickelt.

    Neugeborene werden im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Früherkennungsuntersuchung (U2) auf eine Schilddrüsenunterfunktion getestet. Dazu entnimmt der Arzt wenige Tage nach der Geburt ein bis zwei Tropfen Blut aus der Ferse, tropft sie auf ein Filterpapier und bestimmt daraus den TSH-Wert.

    Diagnose der sekundären und tertiären Schilddrüsenunterfunktion

    In seltenen Fällen sind TSH und T4 Werte erniedrigt, was auf eine sekundäre Schilddrüsenunterfunktion hindeutet. Der Arzt untersucht das Blut dann noch auf weitere Hormone, um festzustellen, ob die Hirnanhangsdrüse beeinträchtigt ist. Im Anschluss macht er eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Schädels. So kann er beispielsweise einen Tumor in der Hirnanhangsdrüse erkennen. Ähnlich ist es, wenn eine tertiäre Hypothyreose im Raum steht.

    Schilddrüsenunterfunktion: Behandlung

    Der Hormonmangel bei einer Schilddrüsenunterfunktion kann durch Hormontabletten ausgeglichen werden, die die Patienten meist ihr Leben lang einnehmen. Mediziner sprechen auch von einer Ersatz- oder Substitutionstherapie. Wird sie richtig dosiert, sind Lebensqualität und Lebenserwartung der Patienten nicht eingeschränkt.

    Das Mittel der Wahl zur Hypothyreose-Therapie ist L-Thyroxin (Levothyroxin): Dieses synthetische Hormon wirkt wie das natürliche Schilddrüsenhormon Thyroxin (T4) und wird im Körper teilweise in das Schilddrüsenhormon T3 umgewandelt. Es muss morgens auf nüchternen Magen eingenommen werden.

    Die Behandlung mit L-Thyroxin wird mit einer niedrigen Dosis begonnen und dann langsam auf die individuelle Enddosis gesteigert. Bei zu rascher Dosissteigerung oder Überdosierung können Herzprobleme oder andere Anzeichen einer Schilddrüsenüberfunktion auftreten.

    Die Enddosis richtet sich nach dem basalen TSH-Wert (er soll sich normalisieren) sowie dem subjektiven Wohlbefinden des Patienten. Der Arzt kontrolliert den TSH Blutwert frühestens acht Wochen nach Therapiebeginn oder Dosis-Änderung. Wenn die richtige Dosis erreicht ist, erfolgt die Kontrolle normalerweise nur noch halbjährlich und später jährlich (bei Säuglingen öfter).

    Sollten sich die Beschwerden trotz der Behandlung nicht bessern, überweist der Arzt den Patienten an einen Endokrinologen, einen Spezialisten für den menschlichen Hormonhaushalt.

    Übrigens: Bei einer sekundären Schilddrüsenunterfunktion muss der Patient normalerweise noch weitere Hormontabletten einnehmen, die die Hirnanhangsdrüse nicht mehr produziert.

    Schilddrüsenunterfunktion: Behandlung älterer Menschen

    Ältere Patienten mit Schilddrüsenunterfunktion benötigen eine geringere Menge an L-Thyroxin, weil sich der natürliche Hormonspiegel im Alter von dem in jüngeren Jahren unterscheidet. Der Arzt beginnt mit einer geringeren Anfangsdosis (halb so groß wie für jüngere Erwachsene). Die Enddosis stellt er allerdings höher ein, als bei jungen Menschen. Niedrige TSH Werte bei über 70-Jährigen stehen nämlich mit höherer Sterblichkeit in Verbindung.

    Schilddrüsenunterfunktion: Behandlung von Schwangeren

    In der Schwangerschaft muss eine Hypothyreose regelmäßig kontrolliert werden, weil der Körper in dieser Zeit mehr Schilddrüsenhormone braucht. Daher bekommen werdende Mütter mit Schilddrüsenunterfunktion eine erhöhte L-Thyroxin-Dosis; anderenfalls droht im schlimmsten Fall eine Fehl- oder Frühgeburt. Bei vorzeitigem Absetzen der Tabletten kann das Ungeborene außerdem körperliche und geistige Schäden davontragen, weil die kindliche Schilddrüse erst ab der 12. Schwangerschaftswoche mit der Thyroxin-Synthese beginnt.

    Schilddrüsenunterfunktion: Behandlung von Kindern

    Auch Kinder mit einer angeborenen Schilddrüsenunterfunktion müssen täglich das fehlende Schilddrüsenhormon einnehmen. Bei Einnahmebeginn noch innerhalb der Neugeborenenphase entwickeln sich die Kinder geistig normal. Wird die angeborene Hypothyreose aber erst im Alter von drei bis sechs Monaten erkannt und behandelt, ist mit bleibenden geistigen Schäden zu rechnen.

    Behandlung einer latenten Schilddrüsenunterfunktion

    Ob eine latente Schilddrüsenunterfunktion behandelt wird, entscheidet der Arzt individuell. Wenn der Patient keine Symptome hat und der TSH Wert nur leicht erhöht ist, empfehlen die aktuellen Leitlinien keine Therapie. Eine regelmäßige Kontrolle des TSH-Werts ist aber sinnvoll. Patienten mit stark erhöhtem TSH-Wert sollten L-Thyroxin (in niedriger Dosierung) einnehmen. Dadurch soll das Risiko von einer frühen Arterienverkalkung und Unfruchtbarkeit verringert werden.

    Schwangere Frauen mit einer latenten Schilddrüsenunterfunktion sollten unbedingt Hormontabletten einnehmen, da normale TSH- und T3/T4 Werte für die Entwicklung des Kindes wichtig sind.

    Abgesehen von diesen Empfehlungen hängt es von Ihren eigenen Wünschen ab, ob sie eine latente Schilddrüsenunterfunktion behandeln lassen. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt über die Vor- und Nachteile aufklären.

    Schilddrüsenunterfunktion: Homöopathie

    Besonders bei chronischen Erkrankungen wie Hypothyreose hoffen viele Patienten auf Hilfe abseits der Schulmedizin. Doch lässt sich eine Schilddrüsenunterfunktion homöopathisch behandeln? Grundsätzlich gilt: Bei Krankheiten, die einer Substitutionstherapie bedürfen, stößt die Homöopathie an ihre Grenzen.

    Allerdings kann die Homöopathie begleitend zur schulmedizinischen Hypothyreose-Therapie eingesetzt werden. Beispielsweise wird bei Schilddrüsenunterfunktion mit verlangsamtem Stoffwechsel, Übergewicht und Frieren trotz normaler Raum- oder Außentemperatur Graphites D12 empfohlen. Ein erfahrener Therapeut kann Patienten beraten, welche homöopathischen Mittel außerdem noch die schulmedizinische Schilddrüsenunterfunktions-Behandlung unterstützen können.

    Das Konzept der Homöopathie und ihre spezifische Wirksamkeit sind umstritten und durch Studien nicht eindeutig belegt.

    Schilddrüsenunterfunktion: Vorbeugen

    Der häufigste Grund für eine Schilddrüsenunterfunktion ist eine Autoimmunerkrankung (Hashimoto-Thyreoiditis). Bei dieser Krankheit richtet sich das Immunsystem des Körpers gegen die eigene Schilddrüse. Dieser Ursache der Hypothyreose kann man in der Regel nicht vorbeugen.

    Anders ist es bei der durch Jodmangel verursachten Schilddrüsenunterfunktion. Achten Sie auf eine jodreiche Ernährung. Verwenden Sie jodiertes Speisesalz und essen Sie regelmäßig Fisch. Viele Fischarten enthalten von Natur aus reichlich Jod. Mehr zum Thema jodreiche Ernährung lesen Sie im Beitrag ?Schilddrüsenunterfunktion ? Ernährung?.

    Tipps für die Ernährung

    Bei einer Schilddrüsenunterfunktion müssen Sie in Bezug auf Ihre Ernährung einige wichtige Dinge beachten. Denn die Hormontabletten vertragen sich nicht mit allen Lebensmitteln. So blockieren etwa kalziumreiche Nahrungsmittel die Aufnahme des L-Thyroxins aus dem Darm und verändern so den Hormonspiegel im Blut. Auch andere Lebensmittel oder Getränke können mit dem Medikament in Wechselwirkung treten.

    Ist noch eine Restfunktion der Schilddrüse vorhanden - und das ist bei vielen Patienten zumindest für eine gewisse Zeit so -, sollten Sie darauf achten, genug Jod mit der Nahrung aufzunehmen. Eine ausreichende Jodzufuhr ist auch eine wichtige Vorbeugung einer Schilddrüsenvergrößerung, der sogenannten Jodmangel-Struma.

    Wie Sie mit der richtigen Ernährung einer Schilddrüsenunterfunktion vorbeugen können, welche Lebensmittel besonders jodreich sind und was Sie bei einer behandelten Hypothyreose beachten sollten, lesen Sie im Beitrag Schilddrüsenunterfunktion - Ernährung.

    Abnehmen bei Schilddrüsenunterfunktion

    Menschen mit einer Schilddrüsenunterfunktion haben häufig ein Gewichtsproblem. Das liegt daran, dass der Stoffwechsel bei ihnen durch den Mangel an Schilddrüsenhormonen langsamer abläuft als bei Gesunden.

    Dadurch sinkt der sogenannte Grundumsatz, also die Energiemenge, die der Körper in Ruhe für die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen (z.B. Körpertemperatur, Kreislauf, Verdauung) benötigt. Außerdem wird mehr Wasser im Gewebe eingelagert.

    Trotzdem ist es auch bei einer Schilddrüsenfunktion möglich, Gewicht abzunehmen. Der wichtigste Schlüssel dazu ist die medikamentöse Behandlung mit Schilddrüsenhormonen. Aber auch die richtige Balance aus Kalorienzufuhr und Kalorienverbrauch ist wichtig.

    Worauf Sie dabei besonders achten sollten, erfahren Sie im Beitrag Schilddrüsenunterfunktion - Abnehmen.

    Schilddrüsenunterfunktion: Krankheitsverlauf und Prognose

    Die Schilddrüsenunterfunktion lässt sich wirkungsvoll behandeln durch die Einnahme von Hormontabletten (substituierte Hypothyreose). Diese Behandlung muss in der Regel lebenslang weitergeführt werden. Patienten, welche die Therapie genau einhalten, können dann ein völlig normales Leben führen. Sie sind in ihrer Leistungsfähigkeit und Lebenserwartung nicht eingeschränkt. Auch eine Schwangerschaft ist für Frauen mit Schilddrüsenunterfunktion durchaus möglich.

    Anders ist die Situation bei jahrelang unbehandelter Schilddrüsenunterfunktion. Folgen wie erhöhter Cholesterinspiegel, Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und Unfruchtbarkeit sind dann keine Seltenheit.

    Komplikation: Myxödemkoma

    Bleibt die Schilddrüsenunterfunktion unbehandelt, kann es zu einer schweren Komplikation kommen, dem sogenannten Myxödemkoma. Es ist heutzutage extrem selten, da die Schilddrüsenunterfunktion normalerweise therapiert wird. Wenn es jedoch auftritt, ist es lebensgefährlich.

    Ausgelöst durch etwa eine Infektion, Operation oder Verletzung kommt es bei Patienten zu Unterkühlung, Sauerstoffmangel und Blutdruckabfall. Die Haut im Gesicht sowie an Armen und Beinen schwillt an.

    Patienten mit Myxödemkoma müssen sofort auf die Intensivstation. Dort erhalten sie Glukokortikosteroide (?Kortison?) und Schilddrüsenhormone direkt in die Vene.

    Kinderwunsch bei Schilddrüsenunterfunktion

    Eine gestörte Funktion der Schilddrüse ist eine häufige Ursache für unerfüllten Kinderwunsch. Etwa jedes zehnte Paar ist aus diesem Grund kinderlos. Denn die Hormone der Schilddrüse haben vielfältige Wirkungen auf den Stoffwechsel und somit auch auf die Keimdrüsen und Geschlechtsfunktion. Bei Frauen kann eine Fehlfunktion der Schilddrüse unter anderem die Eizellreifung und den Menstruationszyklus stören.

    Dafür muss gar keine voll ausgeprägte Schilddrüsenunterfunktion mit einem nachweisbaren Hormonmangel vorliegen. Untersuchungen haben belegt, dass schon eine latente Hypothyreose das Schwangerwerden erschwert, bei der lediglich ein erhöhter TSH-Wert nachweisbar ist.

    Was Ihr Arzt im Zusammenhang mit der Schilddrüse untersuchen kann, wenn Sie nicht schwanger werden können, und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, erfahren Sie im Beitrag Schilddrüsenunterfunktion - Kinderwunsch.

    Prognose bei Kindern mit angeborener Schilddrüsenunterfunktion

    Erkennt der Arzt eine angeborene Hypothyreose direkt nach der Geburt und behandelt diese, entwickeln sich die Kinder normal. Bei einer zu spät eingeleiteten Therapie kann nur der Kleinwuchs noch positiv beeinflusst werden. Die durch eine Schilddrüsenunterfunktion verursachten Hirnschäden und geistigen Entwicklungsstörungen bleiben jedoch bestehen.


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    Rinninger, F. et al.: Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 2010
    Schäffler, A. et al.: Medizin für Heilpraktiker, Georg Thieme Verlag, 2012
    Baenkler, H.-W. et al.: Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2015
    Piper, W.: Innere Medizin, Springer Verlag, 2. Auflage, 2013
    Herold, G.: Innere Medizin, Selbstverlag/De Gruyter, 2021
    Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin: Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis, Stand: Juni 2016, derzeit in Überarbeitung, unter: www.awmf.org (Abrufdatum: 22.03.2021)

     

    22. März 2021 ― Lesezeit: 38 Minuten
    Schilddrüsenüberfunktion

    Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) produziert die Schilddrüse zu große Mengen der Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Dies äußert sich zum Beispiel in Unruhe und Nervosität, Gewichtsabnahme trotz Heißhunger und schnellem Herzschlag. Die Hyperthyreose ist eine häufige Krankheit. Sie betrifft vor allem Frauen und ältere Menschen. Lesen Sie hier alles Wichtige zu Symptomen, Ursachen, Diagnose und Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion.

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