Martina Feichter, Medizinredakteurin und Biologin
Neurodermitis - Baby
Symptome von Neurodermitis: Baby und Kleinkind
Starker Juckreiz und entzündete Hautstellen (Ekzeme) sind typische Symptome von Neurodermitis ? bei Babys ebenso wie bei älteren Kindern und Erwachsenen.
Es gibt aber auch Unterschiede zwischen Neurodermitis bei Baby und Kleinkind und der Erkrankung in anderen Altersklassen. Sie betreffen vor allem den Milchschorf, der nur bei Babys auftritt. Darüber hinaus bilden sich die Ekzeme einer Neurodermitis bei Baby und Kleinkind bevorzugt an anderen Stellen als bei älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Merkmale einer Neurodermitis bei jungen Patienten:
Milchschorf
Die Baby-Neurodermitis beginnt oft im Gesicht (etwa an den Wangen) beziehungsweise auf der Kopfhaut, und zwar mit Milchschorf: So nennt man gelb-bräunliche, nässende, verkrustete Herde, die an verbrannte Milch erinnern.
Allerdings hat oder bekommt nicht jeder Säugling mit Milchschorf auch tatsächlich Neurodermitis. Oft heilt der Milchschorf bis zum zweiten Lebensjahr aus, und es zeigen sich keine weiteren Merkmale einer Neurodermitis.
Sicherheitshalber sollten Eltern den Milchschorf trotzdem immer ärztlich begutachten lassen. Oft handelt es sich eben doch um Neurodermitis. Baby und Kleinkind können dann frühzeitig behandelt werden. So lässt sich oft verhindern, dass sich die entzündliche Hauterkrankung stärker ausbreitet.
Viele Babys entwickeln in den ersten Lebensmonaten eine talgige, gelbliche bis bräunliche Schuppung der Kopfhaut. Das ist kein Milchschorf, sondern der harmlose Kopfgneis. Er verschwindet meist im ersten Lebensjahr von allein wieder.
Weitere Neurodermitis-Symptome bei Babys
Typisch für eine Neurodermitis bei Säuglingen sind auch stark juckende, schuppige Ekzeme an den Streckseiten der Arme und Beine.
Nach dem ersten Lebensjahr finden sich bevorzugt trockene Ekzeme in Gelenkbeugen. Solche Beugenekzeme entstehen beispielsweise im Bereich von Ellenbogen, Kniekehlen, Handgelenken und Nacken. Auch die seitlichen Gesichtspartien, die Augenlider, Fußrücken und Gelenke können betroffen sein. In schweren Fällen kann eine Neurodermitis die Haut am gesamten Körper des Kindes befallen.
Mit zunehmendem Alter wird die entzündlich veränderte Haut gröber und lederartig (Lichenifikation).
Die Neurodermitis bei Baby und Kleinkind muss sich nicht ins höhere Kindesalter und weiter fortsetzen. Bis zum Jugendalter (Adoleszenz) heilt sie in den meisten Fällen aus. Viele Menschen, die als Kind Neurodermitis hatten, entwickeln aber auch als Erwachsene zumindest zeitweise Ekzeme.
Vorbeugung von Neurodermitis (Baby)
Einige Maßnahmen können der Entstehung von Neurodermitis bereits im Säuglingsalter vorbeugen. Sie sind besonders wichtig bei Kindern, die familiär vorbelastet sind:
Solche Risikokinder haben nahe Blutsverwandte (z.B. Eltern, Geschwister) mit Neurodermitis und anderen atopischen Erkrankungen wie Heuschnupfen, Nahrungsmittelallergien oder allergisches Asthma. Sie haben deshalb ein erhöhtes Risiko, selbst ebenfalls eine solche atopische Erkrankung zu entwickeln.
Tipps vor der Geburt
Dabei lässt sich schon während der Schwangerschaft viel tun, um allergischen beziehungsweise atopischen Erkrankungen wie Neurodermitis beim Baby vorzubeugen. Dazu gehört, dass schwangere Frauen nicht rauchen sollten. Das schützt das Kind vor verschiedenen Gesundheitsproblemen, und anderem auch vor Neurodermitis.
Zudem sollten sich sich Schwangere ausgewogen und abwechslungsreich ernähren. Ein Verzicht auf häufige Allergieauslöser wie Kuhmilch, Nüsse oder Eier ist aber nicht nötig. Damit lässt sich das das Allergierisiko des Kindes nicht senken.
Tipps nach der Geburt
- Nach der Geburt gilt das Gleiche wie vorher: Kinder sollten vor dem Kontakt mit Tabak geschützt werden. Achten Sie deshalb auf ein rauchfreies Zuhause.
- Wie für Schwangere ist auch für Stillende eine ausgewogene und abwechslungsreiche Kost ratsam. Auch hier gilt: Der Verzicht auf gängige Allergieauslöser hat keinen Einfluss auf das Allergierisiko des Kindes.
- Mütter sollten ihr Baby idealerweise in den ersten vier bis sechs Lebensmonaten voll stillen.
- Für Risikokinder, die nicht oder nicht ausreichend gestillt werden können, bieten verschiedene Hersteller hypoallergene Säuglingsnahrung an. Sie soll das Allergierisiko senken. Die Wirksamkeit von HA-Nahrung zur Allergie-Vorbeugung ist aber umstritten.
- Das Zufüttern von Beikost empfehlen Experten frühestens ab Beginn des 5. und spätestens ab Beginn des 7. Lebensmonats.
- Eine vielfältige Ernährung im 1. Lebensjahr scheint vor atopischen Erkrankungen wie Neurodermitis zu schützen. Daher sollten Säuglinge unter anderem Fisch, eine begrenzte Menge Milch / Naturjoghurt (bis zu 200 ml pro Tag) und durcherhitztes Hühnerei erhalten.
Neurodermitis bei Kindern: Tipps
Folgende Tipps helfen Ihnen im Umgang mit Neurodermitis-Kindern:
Juckreiz bei Neurodermitis
Besonders Säuglinge und Kleinkinder mit Neurodermitis lassen sich oft kaum davon abhalten, sich aufzukratzen. In die entstehenden Wunden können leicht Krankheitserreger wie Bakterien eindringen und eine Infektion auslösen. Um dies zu verhindern, sollten Babys und Kleinkinder mit Neurodermitis nachts Baumwollhandschuhe tragen.
Alternativ können Sie für Ihr Kind auch einen Neurodermitis-Overall (Neurodermitis-Schlafanzug) besorgen. Er ist mit angenähten Kappen an den Ärmeln versehen.
Hilfreich ist es auch, wenn Sie den Schlafraum abends lüften, bevor sich Ihr Kind hinlegt. Wenn es zu warm ist, kann das den Juckreiz Ihres Kindes fördern. Aus dem gleichen Grund sollten Sie Ihr Kind nicht zu warm zudecken.
Achten Sie zudem darauf, dass Sie die kleinen Fingernägel regelmäßig kurz schneiden. So kann sich Ihr Kind nicht aufkratzen, was eine Hautinfektion begünstigen würde.
Wichtig ist auch die gewissenhafte Basispflege der Neurodermitis-Haut, wie Sie Ihnen der Arzt oder die Ärztin für Ihr Kind empfohlen hat. Regelmäßiges Eincremen wirkt Hauttrockenheit und damit Juckreiz entgegen, denn trockene Haut juckt schneller.
Kühles kann ebenfalls, wie schon erwähnt, gegen Juckreiz helfen. Sie können also beispielsweise die Hautcreme Ihres Kindes vor der Verwendung im Kühlschrank kühlen. Oder Sie legen kühle Umschläge auf die juckenden Hautpartien auf.
Versuchen Sie es auch mit Streicheln gegen den Juckreiz: Streichen Sie sanft über die juckende Haut des Kindes. Manchmal hilft es auch, die Kleinen vom Juckreiz abzulenken, etwa mit einem Spiel.
Die richtige Kleidung
Verwenden Sie für Kinder mit Neurodermitis nur Kleidung aus weichem, hautfreundlichem Material wie Baumwolle. Ungünstig sind kratzende, grobe Materialien (wie Wolle, grobes Leinen), weil sie die empfindliche Neurodermitis-Haut zusätzlich reizen. Auch Kleidung aus Synthetik-Materialien (wie Polyester, Nylon) sind keine gute Idee, wenn Ihr Kind Neurodermitis hat. Denn solche Materialien fördern das Schwitzen, und dieses wiederum begünstigt Juckreiz.
Schwitzen lässt sich auch mit dem "Zwiebellook" vorbeugen. Kleiden Sie Ihr Kind in mehrere dünne Schichten statt weniger dicker Lagen. Dann lässt sich leicht je nach Außentemperatur eine Schickt an- oder ausziehen.
Wichtig ist auch, dass Sie neue Kleidung und Wäsche vor der ersten Verwendung waschen. Das macht sie weicher und schwemmt Chemikalien aus, die bei der Herstellung verwendet wurden.
Viel Verständnis und Zuwendung
Durch den quälenden Juckreiz macht Neurodermitis Baby und Kind schwer zu schaffen. Die kleinen Patienten wissen ihr Unwohlsein und ihre Beschwerden oft nicht anders auszudrücken als durch Schreien und Unruhe. Haben Sie deshalb viel Geduld mit den Kleinen.
Neurodermitis bei Kindern (und Älteren) verursacht aber nicht nur körperliche Beschwerden ? die Seele leidet ebenfalls. Der ständige Juckreiz kann psychisch sehr belastend sein. Außerdem werden manche Kinder wegen ihrer Hautentzündungen manchmal von ihren Spielkameraden gehänselt. Das belastet die Kinderseele zusätzlich.
Schenken Sie Ihrem Neurodermitis-Kind deshalb viel Verständnis und Zuwendung. Sie können auch Kontakt zu anderen Betroffenen suchen oder sich einer Selbsthilfegruppe anschließen. So lernt Ihr Kind, dass es mit seiner Erkrankung nicht allein ist.
Es kann auch helfen, wenn Sie Entspannungsübungen mit Ihrem Kind machen. Diese können ebenso wie sanfte Musik oder das Vorlesen oder Erzählen von Geschichten Stress beim Kind (und Ihnen) abbauen. Das kann unter anderem Juckreiz beim Kind entgegenwirken.
Familienleben mit Neurodermitis
Gesunde Geschwisterkinder können das Gefühl haben, zu wenig Aufmerksamkeit von ihren Eltern zu bekommen. Nehmen Sie sich daher genügend "Neurodermitis-freie Zeit" für die anderen Familienmitglieder.
Die Neurodermitis Ihres Kindes darf nicht zu dessen Persönlichkeitsmerkmal werden. Auch wenn die Krankheit viel Aufmerksamkeit erfordert, sollte Ihr Kind trotzdem lernen, dass es andere Dinge gibt, die es ausmachen. Lassen Sie vor allem das Kratzen nicht zum Druckmittel werden! Manche Neurodermitis-Kinder lernen schnell, dass sie durch das Kratzen Aufmerksamkeit von den Großen bekommen. Reagieren Sie nicht jedes Mal, wenn sich Ihr Kind kratzt, mit voller Zuwendung. Ansonsten wird Ihr Kind versuchen, durch ständiges Kratzen seinen Willen durchzusetzen.
Noch ein Tipp für die Betreuung von kleinen Patienten mit Neurodermitis: Baby und Kleinkind können aufgrund des Juckreizes nachts oft nicht schlafen und beginnen zu schreien oder zu weinen. Eltern sollten sich darin abwechseln, dann aufzustehen und sich um das Kind zu kümmern. So bekommt im Wechsel einmal die Mutter und einmal der Vater länger Schlaf.
© Copyright © 1998-2024 NetDoktor - All rights reserved - NetDoktor is a trademark.
Fritsch, P.: Dermatologie und Venerologie für das Studium, Springer Verlag, 1. Auflage, 2009
S2k-Leitlinie "Neurodermitis (atopisches Ekzem, atopische Dermatitis)" der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft et al. (Stand: 2015; derzeit in Überarbeitung), unter: register.awmf.org (Abruf: 24.01.2023)
Renz-Polster, H. et al.: Allergien, Neurodermitis, Heuschnupfen und Asthma bei Kindern, Sefa Verlag, 2014
S3-Leitlinie "Allergieprävention" der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie et al. (Stand: 2022), , unter: register.awmf.org (Abruf: 24.01.2023)
Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.: Infobroschüre "Unser Kind hat Neurodermitis", unter: www.haut-und-allergiehilfe.de (Abruf: 24.01.2023)
Biedermann, T. et al.: Allergologie, Springer-Verlag, 2. Auflage, 2016
Braun-Falco, O. et al.: Dermatologie Venerologie, Springer-Verlag, 5. Auflage, 2005
Terhorst-Molawi, D.: BASICS Dermatologie, Urban & Fischer Verlag / Elsevier GmbH, 5. Auflage, 2020
Gruber, C. et Gruber, S.: BASICS Pädiatrie, Urban & Fischer Verlag / Elsevier GmbH, 2. Auflage, 2010