Martina Feichter, Medizinredakteurin und Biologin
Mandelentzündung
Kurzübersicht- Häufige Symptome: Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, gerötete und belegte Gaumenmandeln, gerötete Rachenwand, geschwollene Lymphknoten, Fieber
- Behandlung: Hausmittel (Halswickel, Gurgeln, Lutschpastillen etc.), Schmerzmittel, ggf. Antibiotika, Operation
- Sonderform: Chronische Mandelentzündung (rezidivierende Tonsillitis)
- Ansteckung: Ansteckungsgefahr in den ersten Tagen hoch, über Tröpfcheninfektion
- Mandelentzündung - Dauer: Eine akute Mandelentzündung heilt bei richtiger Behandlung meist innerhalb von ein bis zwei Wochen aus.
- Mögliche Komplikationen: Mittelohrentzündung, Nasennebenhöhlenentzündung, Ohrenschmerzen, Peritonsillarabszess, rheumatisches Fieber, "Blutvergiftung" (Sepsis)
Symptome: So äußert sich eine Mandelentzündung
Typisch sind bei einer Mandelentzündung Symptome wie Halsschmerzen und Schluckbeschwerden. Meistens entwickeln sie sich innerhalb weniger Stunden. Die Gaumenmandeln beidseits des Zäpfchens sind deutlich gerötet, angeschwollen und gegebenenfalls weißlich oder gelblich belegt.
Auch die Rachenwand ist gerötet, und die Lymphknoten im Kieferwinkel sind oft tastbar vergrößert. Dazu gesellt sich ein unangenehmer Mundgeruch (Foetor ex ore) als weiteres typisches Anzeichen für eine Tonsillitis. Häufig fühlen sich die Erkrankten schwach und matt. Dazu kommt in vielen Fällen (hohes) Fieber. Eine Mandelentzündung ohne Fieber ist aber auch möglich.
Unterschiede zwischen viraler und bakterieller Mandelentzündung
Meist sind es Viren wie Rhino-, Corona- oder Adenoviren, die eine Mandelentzündung verursachen. Häufig leiden Betroffene neben der Tonsillitis dann auch an einer Erkältung. Patienten mit einer viralen Mandelentzündung beklagen deshalb oft
- Schnupfen
- Husten
- Kopf- und Gliederschmerzen
Neben Viren können seltener auch Bakterien, besonders Streptokokken, eine Mandelentzündung verursachen. Eiter auf den Mandeln ? zu erkennen an weiß-gelblichen Pünktchen oder Belägen ? ist ein typisches Anzeichen für eine bakteriellen Tonsillitis. Die Unterscheidung zwischen viraler und bakterieller Mandelentzündung ist meist schwierig. Bei Patienten, die 15 Jahre oder älter sind, hilft dem Arzt ein spezielles Kriterien-System (Centor-Score) dabei, die Wahrscheinlichkeit für eine Streptokokken-Mandelentzündung (genauer: eine Infektion mit Streptokokken der Gruppe A) abzuschätzen:
- Fieber über 38 Grad
- kein Husten
- geschwollene und schmerzhafte Halslymphknoten
- vergrößerte und belegte Gaumenmandeln
Wenn bei einer Mandelentzündung alle vier Symptome auftreten, handelt es sich in ungefähr 50 bis 60 Prozent der Fälle um eine Streptokokken-Infektion. Wenn drei der genannten Symptome vorliegen, beträgt die Wahrscheinlichkeit noch etwa 30 bis 35 Prozent.
Der Centor-Score kann lediglich eine Tendenz angeben, aber keine Diagnose stellen. Ob tatsächlich eine Streptokokken-Tonsillitis vorliegt, kann nur die Analyse eines Mandelabstrichs mit Sicherheit zeigen.
Um auch eine Mandelentzündung bei Kindern einschätzen zu können, gibt es den modifizierten Centor-Score (McIsaac-Score). Er kann ab einem Lebensalter von drei Jahren verwendet werden. Der McIsaac-Score enthält die gleichen Kriterien wie der herkömmliche Centor-Score. Allerdings erhalten alle Kinder zwischen drei und 14 Jahren einen Punkt zusätzlich, Erwachsene ab 45 Jahren einen Punkt weniger. Daneben gibt es noch andere Klassifikationssysteme, die bei der Unterscheidung zwischen viraler und bakterieller Mandelentzündung helfen können.
Mandelentzündung als Symptom und Sonderformen
Eine Mandelentzündung ist nicht nur ein Krankheitsbild. Sie kann auch ein Symptom sein, das andere Erkrankungen begleitet. Außerdem gibt es spezielle Sonderformen. Beispiele sind:
- Pfeiffersches Drüsenfieber
- Diphtherie
- Scharlach
- Herpangina
- Angina Plaut-Vincent
- Syphilis und Tripper (Gonorrhoe)
- Tuberkulose
- Soorangina bei Pilzinfektion
Mandelentzündung ? Symptome bei Pfeifferschem Drüsenfieber: Ist die Mandelentzündung ein Symptom dieser Viruserkrankung, sind die Mandeln flächig-schmutzig, weiß-gräulich belegt. Zudem sind oft die Lymphknoten im Kieferwinkel, im Bereich von Nacken, Hals und auch der Leistengegend stark angeschwollen.
Mandelentzündung ? Symptome bei Diphtherie: Diphtherie ist eine gefährliche bakterielle Infektion, oft begleitet von einer Kehlkopfentzündung oder Mandelentzündung. Die Mandeln sind dann von einem gräulich-weißen Belag überzogen. Versucht man, die Beläge zu entfernen, blutet es meist. Betroffene haben oft einen faulig-süßlichen Mundgeruch, der etwa mit gärenden Äpfeln verglichen wird.
Mandelentzündung ? Symptome bei Scharlach: Eine Mandelentzündung bei Scharlach äußert sich in tiefroten Gaumenmandeln, die manchmal mit eitrigen Stippchen belegt sind. Auch die Rachenwand ist meistens rötlich verfärbt. An der Mundschleimhaut der Wangeninnenseite können kleine, weißliche Beläge auftreten. Typisch ist außerdem zu Beginn eine weiße, im Verlauf rote "Himbeer- oder Erdbeerzunge" ? die Zunge ähnelt dabei der Oberfläche der genannten Früchte.
Mandelentzündung ? Symptome bei Herpangina: Bei einer Mandelentzündung durch Coxsackie-A-Viren (Herpangina) sind die Mandeln nur leicht geschwollen. Dazu bilden sich kleine Bläschen (Aphten) an Gaumen- und Wangenschleimhaut, die nach dem Aufplatzen flache, schmerzhafte Defekte hinterlassen. Fieber, Schluckbeschwerden und ein deutliches Krankheitsgefühl sind weitere Symptome.
Mandelentzündung ? Symptome bei Angina Plaut-Vincent: Bei Angina Plaut-Vincent handelt es sich um eine seltene Form von bakterieller Mandelentzündung, die vor allem bei jüngeren Männern vorkommt. Meist ist nur die Mandel auf einer Seite entzündet. Sie weist Geschwüre und einen grün-grauen Schleimbelag auf. Hinzu kommt ein übler Mundgeruch. Patienten mit diesem Krankheitsbild haben meistens kein Fieber und fühlen sich in der Regel relativ gesund.
Mandelentzündung ? Symptome bei Syphilis und Tripper: Die Syphilis (Lues) ist eine sexuell übertragbare Krankheit, die in mehreren Stadien verläuft. Im zweiten Stadium entwickelt sich manchmal eine Mandelentzündung. Symptome dieser sogenannten Angina specifica sind geschwollene, gerötete Mandeln mit im Verlauf schleierartigen, grau-weißen Belägen (Plaques opalines). Häufig ist auch ein großflächiger, dunkelroter Ausschlag auf der Mundschleimhaut sichtbar (Plaques muqueuses). Fieber tritt nicht auf.
Auch beim Tripper (Gonorrhoe) ? einer weiteren Geschlechtskrankheit ? kann es unter anderem zu einer Mandelentzündung kommen.
Mandelentzündung ? Symptome bei Pilzinfektion
Typischer Erreger ist der Hefepilz Candida albicans. Betroffene haben meist sowohl auf ihrer Mundschleimhaut (Soor-Stomatitis) als auch auf den Mandeln weißliche Beläge. Diese auch Soorangina genannte Erkrankung tritt üblicherweise bei abwehrgeschwächten Patienten auf. Die Pilz-Mandelentzündung kann auch Folge von Kortison-Sprays sein.
Mandelentzündung ? Symptome bei Tuberkulose
Die Tonsillitis im Rahmen einer Tuberkulose ist sehr selten. In diesem Fall zeigen sich flache Schleimhautdefekte an den Mandeln.
Mandelentzündung: Behandlung?
Die Behandlung der Mandelentzündung richtet sich nach ihrer Ursache, Schwere und danach, ob sie schon häufiger aufgetreten ist. Gegen leichte Halsschmerzen infolge einer Tonsillitis helfen oft schon Hausmittel. Schulmedizinisch verordnen Ärzte meist Schmerzmittel. Sie wirken in der Regel auch gegen eventuell auftretendes Fieber. Bei einer bakteriellen Mandelentzündung kommen zudem Antibiotika zum Einsatz. Bei chronischer oder häufig wiederkehrender Mandelentzündung kann eine Operation notwendig werden.
Treten Komplikationen wie ein Peritonsillarabszess (abgekapselter Eiterherd) auf, kann die stationäre Behandlung in einem Krankenhaus notwendig sein. Auch hier operieren Ärzte für gewöhnlich.
Selbsthilfe bei Mandelentzündung: Was tun zuhause?
Oft entwickeln sich leichte Mandelentzündungen im Rahmen einer Erkältung. Mithilfe von körperlicher Schonung und Hausmitteln können Sie dann auch selbst die Heilung Ihrer Mandelentzündung unterstützen. Die Beschwerden lassen sich beispielsweise mit folgenden Tipps oftmals erfolgreich lindern:
- Halswickel
- Gurgeln (mit Lösungen und Tee)
- Heilpflanzentees (zum Beispiel Salbei)
- Inhalieren
- Bettruhe
- feuchte Raumluft
- ausreichend trinken (keine säurehaltigen Getränke, z. B. Saft)
- bevorzugt weiche, wenig gewürzte Speisen verzehren
Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.
Was Sie zuhause sonst noch tun können und wo die Grenzen von Hausmitteln bei einer Mandelentzündung liegen, lesen Sie im Artikel Mandelentzündung: Hausmittel.
Mandelentzündung: Wann zum Arzt?
Schmerzen sind besonders in den ersten Tagen das lästigste Symptom der Mandelentzündung. Zunächst können Sie versuchen, den Schmerzen mit Maßnahmen wie Halswickeln oder Lutschbonbons, speziellen Lutschpastillen sowie Sprays und antiseptischen sowie lokal betäubenden Gurgellösungen aus der Apotheke beizukommen.
Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, können Sie es mit rezeptfreien Schmerzmitteln versuchen - zum Beispiel Paracetamol oder Ibuprofen. Die Medikamente wirken schmerzlindernd (analgetisch) und fiebersenkend (antipyretisch), manche zudem entzündungshemmend (antiphlogistischen). Sie dürfen diese Substanzen aber nur anwenden, wenn Sie keine Allergien gegen die Wirkstoffe haben.
Wenn Sie schwanger oder chronisch krank sind, etwa an Niere, Herz oder Leber, oder bekannte Magenprobleme, Allergien oder Blutgerinnungsstörungen haben, sollten Sie die Medikamente nur nach ärztlicher Rücksprache einnehmen! Paracetamol ist zudem bei Pfeifferschem Drüsenfieber (EBV-Infektion) nicht ratsam, da es die Leber zusätzlich belastet.
Schmerzmittel lindern lediglich die Beschwerden, sie bekämpfen nicht die Krankheitserreger.
Gelingt es trotz Ruhe und ?sanfter Unterstützung? dem Immunsystem nicht, die krankheitsauslösenden Viren oder Bakterien zu beseitigen, oder verläuft die Mandelentzündung sehr heftig, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.
Außerdem sollten Sie in folgenden Situationen ärztliche Hilfe bei einer Mandelentzündung in Anspruch nehmen:
- krankhafte Atemgeräusche
- erschwertes Atmen
- starke einseitige Schmerzen, vor allem beim Kauen, Schlucken oder Öffnen des Mundes
- Krankheitsdauer von mehr als drei Tagen ohne Besserung
- anhaltende Beschwerdezunahme
- akutes rheumatisches Fieber in der Familie
- schwere Allgemeinerkrankungen
- hohes Fieber, vor allem wenn es sich nicht mit Medikamenten senken lässt
Ärztliche Behandlung bei bakterieller Mandelentzündung
Kann der Arzt eine Streptokokken-Tonsillitis nachweisen oder ist diese sehr wahrscheinlich, verschreibt der Arzt meist Antibiotika, in erster Linie vom Typ Penicillin V. Wer diesen Wirkstoff nicht verträgt, bekommt andere Antibiotika (z. B. Makrolide wie Erythromycin), die ebenfalls gut gegen Streptokokken wirken.
Andere Antibiotika kommen nur zum Einsatz, wenn die krankmachenden Bakterien unempfindlich (resistent) gegenüber den Standard-Wirkstoffen geworden sind oder der Patient letztere nicht einnehmen kann.
Wichtig ist: Die Antibiotika müssen so lange eingenommen werden, wie der behandelnde Arzt sie verschrieben hat. Setzten Sie die Medikamente nicht vorzeitig ab ? selbst wenn sich die Symptome schon vorher bessern! Es können sich dann immer noch einige Bakterien im Körper tummeln, die dann erneut eine Entzündung auslösen beziehungsweise eine Resistenz gegen das Antibiotikum bilden können.
Bei jeder Antibiotikatherapie können sich resistente Bakterienstämme ausbilden. Deswegen sollten Antibiotika bei Mandelentzündung nicht prophylaktisch eingesetzt werden, sondern kommen nur in Betracht, wenn eine bakterielle Ursache nachgewiesen oder sehr wahrscheinlich ist.
Ärztliche Behandlung bei viraler Mandelentzündung
Antibiotika wirken nur gegen Bakterien, daher werden sie bei Virusinfekten nicht eingesetzt. Ärzte setzen sie bei viraler Mandelentzündung nur dann ein, wenn es auf den erkrankten Schleimhäuten zusätzlich zu einer bakteriellen Infektion gekommen ist (Superinfektion).
Die Behandlung der viralen Tonsillitis beschränkt sich daher in der Regel auf die Behandlung der Symptome wie Fieber und Schmerzen. Dabei können neben Schmerzmedikamenten auch Hausmittel und körperliche Schonung den Genesungsprozess beschleunigen.
Die körperliche Schonung ist bei Infektionen besonders wichtig. Selbst zunächst harmlose Erkrankungen können bei übermäßiger Belastung etwa eine potenziell lebensbedrohliche Herzmuskelentzündung hervorrufen.
Beim Pfeifferschen Drüsenfieber können innere Organe (Milz, Leber) anschwellen und es besteht etwa die Gefahr eines Milzrisses. Diese Komplikation ist lebensbedrohlich und erfordert die stationäre Behandlung in einem Krankenhaus. Daher ist auch hier die körperliche Schonung enorm wichtig.
Chronische Mandelentzündung: Was tun?
Eine chronische Mandelentzündung entsteht, wenn sich das Mandelgewebe immer wieder entzündet beziehungsweise die Entzündung nie ganz abflaut. Entweder sammelt sich in den Vertiefungen (Krypten) der Mandeln (totes) Material der Keime, die für eine anhaltende Entzündung sorgen. Oder aber es kommt immer wieder zu akuten Infektionen. Das abgelagerte Zellmaterial dient hier oft auch als idealer Nährboden für die Erreger. Mediziner bezeichnen eine immer wiederkehrende Mandelentzündung als rezidivierende Tonsillitis.
Mehr über Symptome und Behandlung einer chronischen Mandelentzündung erfahren Sie im Artikel Chronische Mandelentzündung.
Mandelentzündung: Wann operiert werden muss
Tritt eine Mandelentzündung häufig auf, werden die Mandeln oft vollständig entfernt. Diese sogenannte Tonsillektomie ist hierzulande einer der am häufigsten durchgeführten medizinischen Eingriffe. Die Chirurgen entfernen die Mandeln dabei entweder mittels Hitze (z.B. Laserbehandlung, Radiofrequenzgerät) oder mit einer Schere oder Schlinge.
Daneben gibt es noch die Möglichkeit einer Teilentfernung der Mandeln (Tonsillotomie). Sie ist etwas schonender als die vollständige Mandelentfernung. Allerdings ist nicht sicher, wie effektiv eine Tonsillotomie erneute Mandelentzündungen langfristig verhindern kann.
Mehr über Ablauf, Nutzen und Risiken einer Mandelentfernung erfahren Sie im Beitrag Tonsillektomie.
Mandelentzündung: Behandlung mit Homöopathie
Mit der Frage "Was hilft bei Mandelentzündung?" wenden sich viele Patienten auch an Heilpraktiker. Unter den alternativen Heilmethoden ist die Homöopathie dabei besonders beliebt. Sie ist aber kein Ersatz für eine notwendige schulmedizinische Behandlung.
Je nach Symptomatik werden bei akuter Mandelentzündung zum Beispiel die homöopathischen Mittel Aconitum, Belladonna, Apis oder Pyrogenium empfohlen.
Das Konzept der Homöopathie und ihre spezifische Wirksamkeit sind in der Wissenschaft umstritten und durch Studien nicht belegt.
Mandelentzündung: Woher sie kommt?
Die Mandelentzündung (Tonsillitis) ist eine Entzündung der Gaumenmandeln, die rechts und links im Rachen sitzen. Sie zählt zu den häufigsten Gründen, warum Menschen zum Arzt gehen. Kinder und Jugendliche erkranken häufiger an einer Mandelentzündung als Erwachsene.
Meistens sind Viren die Erreger einer Mandelentzündung. Seltener lösen Bakterien die Tonsillitis aus, dann meist vom Typ Streptokokken. Die Stippchen oder gelb-weißlichen Beläge auf den entzündeten Mandeln, die typisch sind für eine bakterielle Tonsillitis, bestehen aus toten Bakterien und abgestorben Zellen des Immunsystems. Die Mandelentzündung kann sowohl ein- als auch beidseitig auftreten.
Eine akute Entzündung der Mandeln beginnt meist rasch. Bei einem Großteil der Patienten verbessern sich die Symptome aber schon nach drei Tagen deutlich. Die Tonsillitis heilt für gewöhnlich innerhalb von ein bis zwei Wochen von selbst wieder aus. Bei einer bakteriellen Mandelentzündung kann aber die Gabe von Antibiotika notwendig sein, um den Heilungsprozess zu unterstützen und zu beschleunigen.
Von einer chronischen Mandelentzündung sprechen Mediziner, wenn die Entzündung mehr als drei Monate besteht. Der Verlauf kann dabei variieren. Oft schwelt die Entzündung in den Mandeln, Patienten sind beschwerdefrei oder haben nur leichte Tonsillitis-Symptome. Hin und wieder flammt auf diesem Boden dann ein akutes Entzündungsgeschehen auf.
Die aktuell gültigen Leitlinien nehmen Abstand von dem Begriff "Chronische Mandelentzündung". Stattdessen sprechen die Experten von einer rezidivierenden Tonsillitis, einer immer wiederkehrenden Mandelentzündung.
Mehr dazu erfahren Sie im Artikel Chronische Mandelentzündung.
Mandelentzündung: Ursachen und Risikofaktoren?
Eine Mandelentzündung kann durch verschiedene Erreger ausgelöst werden. Diese können sich leicht auf der zerklüfteten Oberfläche der Gaumenmandeln festsetzen. Im Prinzip ist dies sogar gut:
Als Teil des Immunsystems gehört es zu den Aufgaben der Gaumenmandeln, Erreger, die in den Rachenraum gelangt sind, abzufangen und so zu verhindern, dass diese die Atemwege infizieren. Die Mandeln enthalten zahlreiche Abwehrzellen, die eingedrungene Erreger unschädlich machen. Im Grunde laufen deshalb in den Gaumenmandeln dauerhafte natürliche Entzündungsprozesse ab. Ist der Organismus aber beispielsweise durch einen grippalen Infekt geschwächt, kann diese Abwehr gestört sein, sich die Entzündung ausbreiten und eine Tonsillitis entstehen.
Bakterielle Mandelentzündung - Erreger
Tatsächlich geht einer Mandelentzündung in vielen Fällen eine virale Infektion (z.B. Erkältung) voraus, der dann unter Umständen auch ein bakterieller Befall der Mandeln folgt ? meist mit ß-hämolysierenden Streptokokken der Lancefield-Gruppe A (Streptococcus pyogenes). Das Ergebnis ist eine bakterielle (eitrige) Mandelentzündung. Als Erreger der bakteriellen Mandelentzündung kommen noch weitere Erreger in Frage:
- Diverse Streptokokken-Stämme
- Staphylokokken
- Haemophilus influenzae Typ b
- Corynebakterien
- Nokardien
- Neisseria gonorrhoeae
Bei der Sonderform Angina Plaut-Vincenti (Tonsillitis ulcerosa) handelt es sich meist um eine Mischinfektion: Schraubenbakterien (v.a. Treponema vincentii) und Fusobakterien (insb. Fusobacterium nucleatum) lösen hier Mandelentzündung aus.
Virale Mandelentzündung - Erreger
Bei einer viralen Mandelentzündung werden die Entzündungsprozesse im Mandelgewebe beispielsweise durch typische "Schnupfenviren" aus der Gruppe der Rhinoviren verursacht. Weitere mögliche Auslöser sind
- Coronaviren
- Adenoviren
- Influenzaviren und Parainfluenzaviren
- Epstein-Barr-Virus (Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers)
- Enteroviren wie Coxsackieviren
- RS-Virus besonders der Mandelentzündung bei Kindern
Angina agranulocytotica
Manche Menschen haben beispielsweise durch eine starke Chemotherapie, wie bei Blutkrebs, oder auch durch andere Medikamente wie Metamizol kaum noch Abwehrzellen. Agranulozytose nennen das Mediziner. In der Folge kann sich eine Mandelentzündung bilden mit schmutzigen Geschwüren, starkem Mundgeruch und Fieber. Außerdem fühlen sich Betroffene schwer krank. Lymphknoten schwellen jedoch typischerweise nicht an, da die sich dort ansammelnden Abwehrzellen kaum vorhanden sind.
Eine Tonsillektomie kann bei einer Angina agranulocytotica nicht durchgeführt werden!
Ist eine Mandelentzündung ansteckend?
Da die Erreger auch im Speichel zu finden sind, ist eine Mandelentzündung ansteckend ? sofern die Ansteckung tatsächlich eine Tonsillitis hervorruft, denn eine Infektion verläuft je nach Erreger und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. So sind häufig Erkältungsviren Auslöser einer Mandelentzündung. Aber bei weitem nicht alle Erkältungen gehen auch mit einer Mandelentzündung einher.
Mit den üblichen Erregern einer Tonsillitis können sich andere Menschen über keimhaltige Tröpfchen anstecken. Mediziner sprechen hierbei von Tröpfcheninfektion.
Da die Ansteckungsgefahr bei einer Mandelentzündung besonders in den ersten Tagen hoch ist, sollte man in dieser Zeit den Kontakt mit anderen Menschen möglichst meiden.
Wird die Tonsillitis mit einem Antibiotikum behandelt, kann sich die Ansteckungsgefahr schon nach einem Tag stark reduzieren. Wird keines verschrieben, zum Beispiel bei einer viralen Mandelentzündung, ist der Patient ein bis zwei Wochen lang ansteckend.
Anders als beispielsweise bei Windpocken ist man nach einer Mandelentzündung nicht immun gegen eine erneute Infektion.
Mandelentzündung: Untersuchungen und Diagnose?
Starke Halsschmerzen und Schluckbeschwerden, Abgeschlagenheit und Fieber führen die Betroffenen häufig zum Arzt. Dieser wird zunächst einige Fragen zur Krankengeschichte (Anamnese) stellen. Mögliche Fragen sind zum Beispiel:
- Seit wann bestehen die Beschwerden?
- Welche Beschwerden bestehen (Fieber, Halsschmerzen, Hautausschlag, Atemnot etc.)?
- Treten Schmerzen beim Kauen, Schlucken oder Öffnen des Mundes auf?
- Ist die Mandelentzündung neu entstanden (akute Tonsillitis) oder handelt es sich um ein wiederkehrendes Problem (chronische Tonsillitis)?
Körperliche Untersuchung
Anschließend prüft der Arzt, ob an Rachen und Gaumenmandeln eine Rötung, Schwellung oder Belag zu erkennen sind. Außerdem tastet er die Lymphknoten insbesondere an Hals und Hinterkopf ab. Sie können bei einer Mandelentzündung angeschwollen sein.
Die Untersuchung und die geschilderten Beschwerden genügen dem Arzt meist, um die Diagnose "Mandelentzündung" stellen zu können.
Rachenabstrich
Besteht der Verdacht, dass die Tonsillitis durch bestimmte Bakterien verursacht wird (beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, kurz: GABHS), wird der Arzt einen Rachenabstrich machen. Dazu streicht er mit einem speziellen Wattetupfer an der hinteren Rachenwand entlang, um eine Probe des dort befindlichen Speichels zu entnehmen. Mit einem Schnelltest oder im Labor können dann eventuell vorhandene Streptokokken im Abstrich nachgewiesen werden: Das Ergebnis vom Schnelltest liegt schon nach wenigen Minuten vor, der Test erkennt aber nicht jede Streptokokkeninfektion. Zuverlässiger ist die Analyse des Abstrichs im Labor ? mittels Bakterien-Kultur. Das dauert aber ein bis zwei Tage.
Weitere Untersuchungen
In manchen Fällen können weitere Untersuchungen notwendig sein. Beispielsweise führt der Arzt bei Verdacht auf einen abgekapselten Eiterherd (Abszess) eine Ultraschall-Untersuchung durch. In manchen Fällen können auch Blutuntersuchungen sinnvoll sein, etwa um andere Erkrankungen auszuschließen.
Mandelentzündung: Krankheitsverlauf und Prognose
Der Verlauf einer Mandelentzündung hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören unter anderem die Art der Tonsillitis sowie die körperliche Verfassung und Abwehrkraft des Patienten.
Bei einer akuten Mandelentzündung nehmen die Beschwerden meist schon nach wenigen Tagen deutlich ab. Innerhalb von ein bis zwei Wochen verschwinden die Symptome vollständig. Etwas länger kann es dauern, bis die Schwellung der Mandeln zurückgeht.
Bei einer bakteriellen Mandelentzündung, die mit Antibiotika behandelt wird, verkürzt sich die Krankheitsdauer.
Komplikationen der Tonsillitis
Sport sollte man bei einer (eitrigen) Tonsillitis meiden, da das Immunsystem bereits viel Energie für die Keimbekämpfung benötigt. Anderenfalls kann die Mandelentzündung chronisch werden oder Komplikationen nach sich ziehen. Denn bei körperlicher Anstrengung steigt auch das Risiko, dass Bakterien über die Blutbahn in andere Organe verschleppt werden.
Überdies entstehen Komplikationen häufig dann, wenn eine bakterielle, eitrige Mandelentzündung gar nicht oder zu kurz mit Antibiotika behandelt wurde. Zudem besteht ein erhöhtes Komplikationsrisiko in der Schwangerschaft.
Hier eine Übersicht über wichtige Komplikationen einer eitrigen Mandelentzündung:
Mittelohr- und Nasennebenhöhlenentzündung
Eine Mittelohrentzündung (Otitis media) entsteht meist, wenn die Belüftung der sogenannten Ohrtrompete (Verbindung vom Nasenrachen zum Mittelohr) durch die Schleimhautschwellung verhindert wird. Ähnlich verhält es sich mit einer Nasennebenhöhlenentzündung. Ohrenschmerzen beziehungsweise Druckschmerzen über der Kiefer- und Stirnhöhle sind dann typische Symptome. Mittelohr- und Nasennebenhöhlenentzündung sind häufige Begleiterkrankungen und/oder Folge einer Mandelentzündung, besonders im Kindesalter.
Peritonsillarabszess
Bei einer Mandelentzündung mit Peritonsillarabszess kapselt sich ein Entzündungsherd zwischen Mandel und umliegendem Bindegewebe ab (Peritonsillitis). Meistens wölbt sich die Rachenwand dann auf der betroffenen Seite deutlich nach innen. Betroffene haben zudem oft starke Hals- und Schluckschmerzen und können den Mund nur noch minimal öffnen (Kieferklemme). Weitere Symptome sind
- kloßige Sprache
- vermehrter Speichelfluss
- "Schiefhals" mit zu einer Seite geneigtem Kopf
- Atemgeräusche (Stridor)
- ggf. Atemnot bei zunehmender Schwellung und damit Einengung des Atemwegs
Menschen, die während einer Mandelentzündung rauchen, entwickeln häufiger einen Abszess. Ein weiterer Risikofaktor ist eine schlechte Mundhygiene.
Rheumatisches Fieber
Eine Streptokokken-Mandelentzündung kann ein rheumatisches Fieber nach sich ziehen. Dabei handelt es sich um eine Art Autoimmunreaktion, die durch Zellbestandteile der Streptokokken getriggert wird. Meistens bekommen Betroffene erneut Fieber. Zusätzlich können ein kreisförmiger, rötlicher Hautausschlag (Erythema anulare rheumaticum) und schmerzhafte Gelenkentzündungen auftreten. Letztere können bei ungünstigem Verlauf viele Jahre anhalten beziehungsweise immer wieder aufflammen.
Außerdem kann sich im Zuge des rheumatischen Fiebers eine Herzentzündung entwickeln. Betroffen ist entweder die innere Herzschicht (Endokarditis), der Herzmuskel (Myokarditis) oder der Herzbeutel (Perikarditis) ? oder aber alle Strukturen (Pankarditis). Diese Entzündungen können dazu führen, dass das Herz nicht mehr gleichmäßig schlägt. Entscheidend für die langfristige Prognose ist dabei die Endokarditis, weil sie dauerhafte Herzklappenfehler (meist Mitralklappe, auch Aortenklappe) nach sich ziehen kann.
Das akute rheumatische Fieber kann auch das Nervensystem betreffen und sich als sogenannte "Chorea minor" manifestieren. Diese Erkrankung zeigt sich einige Wochen bis Monate nach Abklingen der Mandelentzündung. Symptome sind blitzartig einschießende Bewegungen der Arme, des Rachens und Schlundes. Diese Zuckungen treten plötzlich auf und können nicht kontrolliert werden.
Nierenkörperchen-Entzündung (Akute Poststreptokokken-Glomerulonephritis)
Bei manchen Patienten ist eine akute Nierenentzündung (genauer: eine Nierenkörperchen-Entzündung) die Folge einer Mandelentzündung. Anzeichen dafür ist beispielsweise Blut im Urin. Manchmal handelt es sich allerdings nur um sehr kleine Blutmengen, die mit bloßem Auge kaum sichtbar sind, sondern nur im Labor sicher nachgewiesen werden können (okkultes Blut). Weitere mögliche Symptome sind
- Flankenschmerzen
- Verringertes Wasserlassen durch weniger Harn
- Bluthochdruck (etwa mit Kopfschmerzen)
- Ödeme
- Krankheitsgefühl
Etwa die Hälfte der Betroffenen haben keine Beschwerden, entwickeln jedoch in einigen Fällen trotzdem eine dauerhafte Nierenschädigung.
Auch bei Kindern kann eine Streptokokken-Mandelentzündung eine Nierenentzündung auslösen. In schweren Fällen kann die Niere sogar gänzlich ausfallen. Meistens erholen sich die Kinder aber innerhalb von wenigen Tagen wieder.
Sepsis
Manchmal gelangen Bakterien, die eine Mandelentzündung verursacht haben, in die Blutbahn und verteilen sich im Körper. Man spricht hier von einer bakteriellen Blutvergiftung (Sepsis). Es handelt sich um ein schweres, lebensbedrohliches Krankheitsbild, bei der viele Körperorgane ihre Funktionsfähigkeit verlieren können. Hier ist intensivmedizinischen Versorgung nötig.
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