Herpes in der Schwangerschaft
Wie verläuft Herpes in der Schwangerschaft?
Herpes durch den Herpes-simplex-Virus ist in der Schwangerschaft keine Seltenheit, da die damit einhergehenden hormonellen Veränderungen in vielen Fällen die Virus-Reaktivierung sogar begünstigen. Daher taucht bei manchen Frauen während der Schwangerschaft plötzlich wieder Herpes auf, nachdem sie jahrelang keine Ausbrüche mehr hatten.
Die schwangerschaftsbedingten Hormonumstellungen scheinen das Immunsystem leicht zu schwächen und es den Herpes-Viren somit leichter zu machen, aus ihrem "Nervenzellversteck" zu kommen. Ein ähnliches Phänomen ist bei einigen Frauen während der Menstruation zu beobachten. Das Risiko für Erstinfektionen ist dagegen während der Schwangerschaft nicht größer als sonst.
Wie überträgt sich Herpes auf das Kind?
Es gibt drei Möglichkeiten, wie es zur Übertragung der Herpes-simplex-Viren von der Mutter auf ihr Kind kommt:
- Während der Schwangerschaft über den Mutterkuchen (transplazentär)
- Während des Geburtsvorgangs (intrapartal) per Kontaktinfektion
- Kurz nach der Geburt (postpartal)
Etwa 85 Prozent der Ansteckungen geschehen bei der Geburt, circa zehn Prozent danach und rund fünf Prozent erfolgen während der Schwangerschaft.
Eine Übertragung während der Schwangerschaft über den Mutterkuchen, also transplazentär, ist nur möglich, wenn die Herpesviren im Blutkreislauf der Mutter zirkulieren (Virämie). Zu dieser als Herpes-Sepsis bezeichneten Komplikation kommt es aber nur sehr selten. Durch einen gewöhnlichen Ausbruch von Lippen- oder Genitalherpes ist eine Ansteckung des Ungeborenen über den Mutterkuchen nicht möglich.
Während der Geburt besteht die Möglichkeit, dass die Genitalherpes-Infektion über die Vagina aufsteigt und das Kind noch in der Gebärmutter ansteckt. Dies geschieht aber erst nach dem Blasensprung, wenn der Muttermund bereits geöffnet ist und die Viren es leichter haben einzudringen.
Wenn die Mutter während der Geburt an einem aktiven Genitalherpes leidet, besteht ein relativ großes Risiko einer Übertragung auf das Baby. Der Herpes überträgt sich dabei direkt von den erkrankten Stellen im Genitalbereich der Mutter auf das Neugeborene, während dieses den Geburtskanal passiert.
Auch nach der Geburt besteht die Gefahr einer Ansteckung mit Herpes. Neugeborene haben noch kein voll entwickeltes Immunsystem und sind deshalb viel anfälliger für Infektionen.
Wie verlaufen die unterschiedlichen Herpes-Formen in einer Schwangerschaft?
Bei Herpes in der Schwangerschaft ist die Körperregion, in der die Krankheit ausbricht, von entscheidender Bedeutung. Denn das Übertragungsrisiko auf das Kind hängt davon ab.
Für Herpes bei Säuglingen ist meist die Form des Genitalherpes verantwortlich. Typischer Erreger des Genitalherpes ist das Herpes-simplex-Virus 2 (HSV-2). Allerdings ist es möglich, dass das Herpes-Simplex-Virus 1 (HSV-1) einen Genitalherpes auslöst.
HSV-1 ist eigentlich typischer Erreger des Lippenherpes. Dies geschieht dann in der Regel über eine sogenannte orogenitale Übertragung, also durch den Transport der Viren vom Mund zum Genitalbereich, etwa bei oralem Geschlechtsverkehr. Liegt dem Genitalherpes der Mutter eine HSV-1-Infektion zugrunde, steckt sich das Kind im Falle einer Infektion während der Geburt auch mit HSV-1 an.
Beide Virustypen lösen also unter Umständen Herpes bei Baby und Mutter aus, HSV-2 ist aber wesentlich häufiger verantwortlich.
Warum sind Erstinfektionen mit Herpes gefährlicher?
Es macht einen Unterschied, ob es sich bei einem Herpes in der Schwangerschaft um eine erstmalige Infektion handelt oder um eine Reaktivierung bereits im Körper vorhandener Viren. Das liegt daran, dass
- eine Erstinfektion mit Herpes in der Regel länger andauert und dabei mehr Viren ausgeschieden werden,
- die Mutter noch nicht über Antikörper verfügt, weil sie zuvor noch nie Kontakt mit den Herpes-simplex-Viren hatte und
- Antikörper wiederholte Herpes-Ausbrüche (Reaktivierungen) zwar nicht verhindern, aber den Verlauf im Vergleich zur Erstinfektion abmildern.
Während der Schwangerschaft gibt die Mutter die Antikörper gegen Herpes an das Kind weiter. Wenn es sich bei der Geburt mit Herpes infiziert, helfen sie bei der Bekämpfung der Viren und bewirken einen abgeschwächten Verlauf der Erkrankung oder verhindern sogar eine Ansteckung.
Handelt es sich dagegen bei einem Ausbruch von Herpes in der Schwangerschaft um eine Erstinfektion, verfügt das Kind nicht über Antikörper und ist den Viren schutzlos ausgeliefert.
Wie sind die Herpes-Symptome bei Neugeborenen?
Herpes beim Neugeborenen (Herpes neonatorum) ist eine ernsthafte Erkrankung und bezüglich Ausprägung und möglichen Komplikationen nicht mit den Krankheitsverläufen von Herpes bei Erwachsenen zu vergleichen. Aufgrund des noch schwachen Immunsystems vermehren sich die Viren stärker und breiten sich im gesamten Körper des Kindes aus.
Nach der Ansteckung dauert es einige Tage, bis beim Kind Symptome auftreten. Manchmal vergehen sogar Wochen, bevor es zu ersten Beschwerden kommt.
Die Herpes-Viren dringen über Haut, Schleimhaut oder Augen in den Körper des Kindes ein und vermehren sich dort zunächst in oberflächlichen Hautzellen beziehungsweise in der Hornhaut des Auges. Meist bleibt es nicht bei einem kleinen Areal, vielmehr kommt es zu einem breitflächigen Befall der gesamten Körperoberfläche und der Schleimhäute.
Ärzte bezeichnen dies als einen disseminierten oder generalisierten Herpes-Befall. In etwa einem Viertel der Herpes-Infektionen beim Neugeborenen kommt es zum disseminierten Herpes-Befall. Zu den Anzeichen gehören unter anderem:
- Überall auf der Haut typische kleine Herpesbläschen, die nach einiger Zeit aufplatzen und Geschwüre an der Haut zurücklassen
- An den Augen kommt es zu einer Entzündung und Eintrübungen der Hornhaut (Cornea). Manchmal greift die Infektion auf das Augeninnere über, unter Umständen führt dies zu Blindheit.
- Oft zeigen sich allgemeine, unspezifische Krankheitszeichen wie Fieber, Erbrechen, Nahrungsverweigerung und starke Erschöpfung.
Die größte Gefahr einer Herpesansteckung beim Neugeborenen besteht jedoch im Befall innerer Organe und/oder des zentralen Nervensystems. In vielen Fällen beschränkt sich die Infektion nicht alleine auf Haut und Augen. Der Herpes befällt zum Beispiel auch die Lunge, Leber oder andere Organe oder führt zu einer Blutvergiftung (Sepsis).
Im schlimmsten Fall ist das Hirn mitbetroffen, sodass es zur Herpes-simplex-Enzephalitis kommt. Eine solche, oft von Krampfanfällen begleitete Hirnentzündung ist äußerst gefährlich und endet häufig mit dem Tod des Neugeborenen.
Eine Behandlung des disseminierten Herpes bei Neugeborenen ist maßgeblich für das Überleben, wobei die Erkrankung trotz Therapie manchmal tödlich verläuft. Überleben Neugeborene die schwere Herpesinfektion, bleiben neurologische Folgen, die zu Entwicklungsverzögerungen führen.
Herpes-Symptome beim ungeborenen Kind
Kommt es bei Herpes in der Schwangerschaft zu einer Übertragung durch Viren im Blutkreislauf der Mutter auf das ungeborene Kind, dann hat dies meist schwere Komplikationen zur Folge. Beispielsweise entstehen Missbildungen am Fötus (Mikrozephalie, Hydrozephalus, Mikroophthalmie), oder die Mutter erleidet eine Fehlgeburt.
Allerdings ist eine Ansteckung des noch ungeborenen Kindes mit Herpes in der Schwangerschaft über das Blut beziehungsweise den Mutterkuchen (Plazenta) sehr selten.
Welche Gefahr besteht?
Die eigentliche Gefahr eines Herpes in der Schwangerschaft besteht nicht für die Mutter, sondern für das Kind. Infiziert sich der Embryo bereits in der Gebärmutter, sind sehr häufig Missbildungen und Fehlgeburten die Folge. Bei infizierten Neugeborenen hängen Folgen und Genesungschancen maßgeblich davon ab, wie stark sich der Herpes ausbreitet und welche Organe betroffen sind beziehungsweise ob eine generalisierte Herpes-Infektion vorliegt.
Die besten Heilungsaussichten haben Neugeborene, bei denen sich der Herpes auf die Haut oder Augen beschränkt. Bei einer Entzündung des zentralen Nervensystems oder des Gehirns sowie anderer Organe wie Leber oder Lunge sind die Überlebensaussichten schlecht. Bleiben diese Organe verschont, ist eine frühzeitige Behandlung meist erfolgreich. Unbehandelt sterben etwa 50 bis 90 Prozent der herpesinfizierten Neugeborenen.
Manchmal kommt es bei den betroffenen Kindern Jahre nach einem Herpes neonatorum zu gefährlichen Reaktivierungen. Bei diesen greifen die Viren häufig die Netzhaut des Auges an und führen in manchen Fällen zur Erblindung. Eine solche Reaktivierung tritt unter Umständen auch auf, wenn die Erstinfektion selbst milde verlief und frühzeitig erfolgreich behandelt wurde.
Eine routinemäßige Untersuchung auf Herpes bei schwangeren Frauen, die keine Symptome zeigen, ist in der Regel nicht notwendig, solange beim Sexualpartner keine Episoden von Genitalherpes bekannt sind. In seltenen Fällen kommt es aber vor, dass die Mutter Viren ausscheidet, obwohl sie keine Symptome zeigt. Auch bei augenscheinlich gesunden Müttern ist deshalb generell mit Herpes bei Neugeborenen zu rechnen.
Herpes in der Schwangerschaft vorbeugen
Um die lebensbedrohende Herpesinfektion beim Neugeborenen zu vermeiden, ist es ratsam, dass werdende Eltern einige Punkte beachten.
Hatte die Frau selbst noch keinen Genitalherpes, ist es empfehlenswert, das Risiko einer Erstinfektion während der Schwangerschaft zu minimieren. Ist beim Partner bereits einmal Genitalherpes aufgetreten, ist während der Schwangerschaft beispielsweise immer ein Kondom beim Geschlechtsverkehr zu nutzen. Liegt beim Partner ein aktiver Ausbruch von Genitalherpes vor, ist es besser, für die Dauer der Schwangerschaft ganz auf Sex zu verzichten.
Eine Herpes-Reaktivierung lässt sich nicht sicher vermeiden. Jedoch verringert ein starkes Immunsystem der Schwangeren das Risiko eines Herpes in der Schwangerschaft. Das Immunsystem lässt sich unterstützen, indem Sie zusätzliche Stressfaktoren meiden. Das heißt: ausreichend und regelmäßig schlafen, auf eine gesunde, vitaminreiche Ernährung achten und körperliche Überforderung vermeiden.
Wie behandelt man Herpes in der Schwangerschaft?
In vielen Fällen verordnen Ärzte bei Herpes sogenannte Virostatika. Dies sind antivirale Medikamente, die verhindern, dass sich die Herpes-Viren vermehren. Kommt es während einer Schwangerschaft zur Herpes-Infektion, machen Ärzte den Einsatz der medikamentösen Behandlung aber in der Regel von bestimmten Faktoren abhängig. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Art der Herpes-Infektion, ob sich die Schwangere zum ersten Mal mit dem Virus infiziert hat und zu welchem Zeitpunkt in der Schwangerschaft genau es zur Infektion gekommen ist.
In welchem Fall eine Therapie bei einer Herpes-Simplex-Infektion bei Schwangeren erforderlich ist und welche Medikamente zum Einsatz kommen, erfahren Sie im Beitrag: Herpes ? Behandlung.
© Copyright © 1998-2024 NetDoktor - All rights reserved - NetDoktor is a trademark.
World Health Organization (WHO): Guidelines for the treatment of genital herpes simplex virus. 2016
Antiinfektiva – Leitlinien für die Therapie und Prophylaxe, Arzneimittelkommission des Universitäsklinikums Ulm, Stand 2009
Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, 2022
Mims, C. et al.: Medizinische Mikrobiologie – Infektiologie. Urban & Fischer Verlag, 2. Auflage 2006
Anzivino, E. et al.: Herpes simplex virus infection in pregnancy and in neonate: status of art of epidemiology, diagnosis, therapy and prevention. Virol J. (2009) 6:40 (Review)
Patel, R. et al.: European guideline for the management of genital herpes. International Journal of STD & AIDS 2017; 0(0): 1–14
Harris, J. B., Homes, A. P.: Neonatal Herpes Simplex Viral Infections and Acyclovir: An Update. J Pediatr Pharmacol Ther. 2017; 22 (2):88–93.