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  • 14. April 2022 ― Lesezeit: 11 Minuten
    Martina Feichter, Medizinredakteurin und Biologin
    Sabine Schrör, Medizinjournalistin

    Dekubitus

    Dekubitus ist ein Druckgeschwür, das umgangssprachlich auch als Wundliegen bekannt ist. Ursache ist dauerhafter, starker Druck, der die Haut und das darunter liegende Gewebe mitunter bis auf den Knochen schädigt. Vor allem immobile Menschen sind besonders anfällig für Dekubitus, weshalb hier eine sorgfältige Prophylaxe wichtig ist. Lesen Sie hier alles zu Dekubitus-Graden, Hilfsmitteln sowie zu dem Verlauf von Dekubitus.

    Kurzübersicht
    • Behandlung: Gute Hautpflege und regelmäßige Druckentlastung (Lagerung, Hilfsmittel), bei Wunden: feuchte Wundauflagen, regelmäßige Reinigung, bei weit fortgeschrittenem Grad evtl. OP
    • Symptome: Rötungen, Wassereinlagerungen, später Druckgeschwüre mit Schmerzen, bei Infektion teils auch mit Fieber, Schüttelfrost, fauligem Geruch, später abgestorbene schwarze Gewebestellen (Nekrosen), Komplikationen wie Blutvergiftung oder Knochenentzündung möglich
    • Diagnose: Blickdiagnose, Fingertest, Anamnese der Risikofaktoren, evtl. Blutuntersuchung, Gewebeproben (Abstrich), bei höherem Schweregrad Ultraschall, Röntgen, Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT)
    • Ursachen: Anhaltender, starker Druck, der zur Unterversorgung des betroffenen Gewebes führt, nach und nach kommt es zur Zerstörung von Haut, Gewebe und Knochen; diverse Risikofaktoren wie langes Sitzen oder Liegen, sensibler Hautzustand, Feuchtigkeit, Diabetes
    • Vorbeugen: Hautpflege, richtige Ernährung, ausreichende Trinkmenge, regelmäßige Bewegung, Hygiene bei Inkontinenz, bei Immobilität: Anti-Dekubitus-Hilfsmittel wie spezielle Matratzen, regelmäßige Lagerung in andere Positionen und Mobilisieren etc.
    • Verlauf und Prognose: Vorbeugung wichtig, frühe Behandlung elementar, da langwieriger Heilungsprozess auch bei optimaler Behandlung, erhöhtes Rückfallrisiko nach erfolgreich behandeltem Dekubitus, Großteil der Druckgeschwüre sind oberflächliche Wunden, bei schweren Verläufen Sterblichkeit erhöht

    Was ist Dekubitus?

    Ein Druckgeschwür (Dekubitus, Dekubitalulkus) ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut, des darunter liegenden Gewebes und im Extremfall auch des Knochens. Es zeigt sich in Form einer unterschiedlich tiefen, dauerhaft offenen Wunde insbesondere an in Knochennähe gelegenen Körperstellen wie etwa am Gesäß, Steißbein oder an den Fersen.

    Betroffen sind insbesondere immobile oder bettlägerige Menschen, etwa im Krankenhaus. Auch Rollstuhlfahrer haben ein erhöhtes Dekubitus-Risiko, besonders im Gesäßbereich.

    Drückgeschwüre sind sehr schmerzhaft. Zudem besteht die Gefahr, dass sie sich infizieren. Ein erstes Anzeichen dafür ist ein unangenehm fauliger Geruch aus der Wunde. Auch auf das psychische Wohlbefinden wirkt sich ein Druckgeschwür aus. Ein Dekubitus schränkt Patienten in ihrem täglichen Leben ein. Die anhaltenden, schmerzhaften Wunden führen in manchen Fällen sogar zu einer Depression.

    Welche Grade von Dekubitus gibt es?

    Ein Dekubitus verändert die Haut. Je nachdem, wie stark die Veränderungen ausfallen, unterscheiden Ärzte und Pflegekräfte verschiedene Schweregrade:

    • Dekubitus-Grad 1: In der Anfangsphase rötet sich die betroffene Hautpartie und grenzt sich scharf von ihrer Umgebung ab. Die Rötung bleibt auch bestehen, wenn der Druck nachlässt. Der Bereich ist unter Umständen verhärtet und wärmer als die umgebende Haut. Grundsätzlich ist die Haut jedoch noch intakt.
    • Dekubitus-Grad 2: Beim Dekubitus Grad zwei haben sich Blasen auf der Haut gebildet. Manchmal löst sich die oberste Hautschicht bereits ab. Es entsteht eine offene Wunde, die aber noch oberflächlich ist.
    • Dekubitus-Grad 3: Beim Dekubitus Grad drei reicht das Druckgeschwür bis zur Muskulatur unter der Haut. Man sieht ein tiefes, offenes Geschwür. Unter der gesunden Haut im Randbereich des Dekubitus befinden sich manchmal "Taschen", die vom Geschwür ausgehen.
    • Dekubitus-Grad 4: Bei einem Druckgeschwür vierten Grades liegt Knochen frei. Haut, Muskeln, Knochen und andere Strukturen wie Gelenke oder Sehnen sind zerstört.

    Die Schweregrade eins bis vier sind in vielen Angaben synonym auch als "Stadium eins bis vier" zu finden.

    Welche Hilfsmittel für Dekubitus gibt es?

    Je früher Dekubitus erkannt wird, desto besser lässt er sich behandeln. Grundsätzlich gliedert sich die Therapie in zwei Bereich: Die Lokal- und die Kausaltherapie. Eine Lokaltherapie ist eine örtliche Behandlung des Druckgeschwürs mit medizinischen Mitteln, wohingegen die Kausaltherapie sich auf die Beseitigung der Ursachen des Dekubitus konzentriert.

    Dekubitus-Lokaltherapie

    Die Lokaltherapie zielt darauf ab, das Druckgeschwür zu versorgen und seine Abheilung zu unterstützen. Bei einem Dekubitus ersten Grades reicht es dazu meist aus, die betroffene Hautpartie sorgfältig zu pflegen und von Druck zu entlasten. Dies sind dieselben Maßnahmen, die auch zur Vorbeugung zum Einsatz kommen.

    Bei Druckgeschwüren in fortgeschrittenen Stadien ist es erforderlich, dass Ärzte das abgestorbene Gewebe entfernen (Débridement). Dies erfolgt entweder chirurgisch mit dem Skalpell, mithilfe von Enzymen oder durch Fliegenlarven (Madentherapie). Anschließend desinfizieren Ärzte die Wunde, bedecken sie mit feuchten Wundauflagen (umgangssprachlich als Dekubitus-Pflaster bekannt) und sorgen für eine regelmäßige Wundreinigung.

    Manchmal kommen im Rahmen der Lokaltherapie technische Verfahren wie die Vakuumversiegelungsmethode beziehungsweise die Unterdruck-Wundtherapie zum Einsatz.

    Dekubitus-Kausaltherapie

    Eine erfolgreiche Dekubitus-Behandlung hängt von der Beseitigung der Ursache ab: dem Druck. Bei liegenden Patienten empfiehlt sich beispielsweise eine spezielle Dekubitus-Matratze oder ein Spezialbett. Zudem ist ein regelmäßiges Umlagern des Patienten wichtig. Bei Rollstuhlfahrern sind Sitzkissen ratsam.

    Es gibt bestimmte Hilfsmittel, die den Druck auf gefährdete Hautbereiche verringern, indem sie ihn gleichmäßiger verteilen. Folgende Systeme haben sich bewährt:

    • Weichlagerungs-Systeme wie Schaumstoffmatratzen, Gelauflagen oder Luftkissen verteilen das Körpergewicht und damit den Druck auf eine größere Fläche.
    • Wechseldruck-Systeme (Wechseldruck-Matratzen) bestehen aus unterschiedlich angeordneten Luftkissen, welche sich abwechselnd mit Luft aufpumpen. Manche Systeme sind digital gesteuert und sorgen für eine automatische Druckverlagerung.
    • Micro-Stimulations-Systeme (MiS) fördern durch eigene kleine Bewegungen die Eigenbewegung des Patienten. Das kurbelt die Durchblutung im Gewebe an, was Druckgeschwüren vorbeugt beziehungsweise die Wundheilung bestehender Geschwüre unterstützt.

    Die Nutzung von Schaffellen, Wassermatratzen, Sitzringen, Fellschuhen und Watteverbänden als Hilfsmittel bei der Dekubitus-Lagerung ist nicht mehr empfohlen.

    Einschränkungen gibt es auch bei Weichlagerungs-Systemen, da diese bei manchen Betroffenen zu einer verlangsamten Feinmotorik führt. Daneben sind Wechseldruck-Matratzen für bestimmte Patienten (unter anderem bei Schmerz- oder Schlaganfallpatienten mit Wahrnehmungsstörungen) nicht ratsam. Zudem ist es möglich, dass sie die Muskelspannung erhöhen und aufgrund ihrer Lautstärke die Nachtruhe der Betroffenen stören.

    Für Rollstuhlfahrer eignen sich spezielle Anti-Dekubitus-Sitzkissen. Diese verringern den Druck auf das Gesäß.

    Die richtige Ernährung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle: Eine Kost mit viel Eiweiß, Vitaminen und Mineralstoffen lässt die Haut besser genesen und beugt einer Mangelernährung vor. Manchmal erhalten Betroffene auch eine Spezialnahrung.

    Gegen die mit dem Dekubitus verbundenen Schmerzen helfen Schmerzmittel. Zudem fördern spezielle Bewegungsübungen die Durchblutung und verhindern, dass der Patient immer auf der gleichen Stelle liegt.

    Ebenfalls zur Kausaltherapie gehört die wirksame Behandlung von Begleiterkrankungen, auch psychischer Natur. So verhindert etwa eine Depression mitunter den Behandlungserfolg.

    Dekubitus: Operation

    Druckgeschwüre der Grade eins bis drei kommen in der Regel ohne eine operative Behandlung aus. Anders jedoch bei Dekubitus-Grad vier: Hier ist fast immer ein chirurgischer Eingriff nötig. Dabei entfernt der Chirurg das Druckgeschwür im Rahmen einer Operation. Manchmal ist es auch erforderlich, einen Teil des Knochens zu entfernen.

    Bei sehr großen Druckgeschwüren ist in manchen Fällen ein plastisch-chirurgischer Eingriff notwendig. Dann transplantiert der Chirurg Haut und Weichteilgewebe von anderen Körperbereichen auf die zerstörte Körperpartie.

    Im Rahmen der Wundversorgung ist es notwendig, den Verlauf der Dekubitus-Wunde zu dokumentieren, auch mit Fotos. Diese helfen, den Behandlungserfolg nachzuvollziehen. Seien Sie also nicht überrascht, wenn das medizinische Personal die Wunde regelmäßig fotografiert.

    Woran erkennt man einen Dekubitus?

    Symptome für einen Dekubitus sind generell Hautveränderungen. Zu Anfang zeigen sich an den betroffenen Körperstellen Rötungen und Wassereinlagerungen (Ödeme), später entwickeln sich stärkere Hautschäden. Diese bezeichnen Ärzte als Ulzera, dies sind meist offene und schmerzhafte Wunden.

    Unter Umständen entwickelt sich bei einer bakteriellen Besiedlung ein unangenehmer (fauliger) Geruch. Durch die Infektion entstehen Symptome wie Fieber und Schüttelfrost.

    Im späteren Stadium stirbt das Gewebe ab und ist mitunter an der Wunde durch dunkle oder schwarze Stellen sichtbar. Nicht sichtbar ist, was im tieferen Gewebe geschädigt ist. In manchen Fällen kommt es zur Bildung von Abszessen oder Fisteln, eine Knochenentzündung ist auch möglich.

    Wo sich Dekubitus besonders leicht bildet

    Manche Körperstellen reagieren besonders empfindlich auf Druck, so dass es dort schnell zu einer Dekubitus-Entwicklung kommt. Gefährdet sind Bereiche, in denen sich Knochenvorsprünge direkt unter der Haut befinden, ohne von Fett oder Muskelgewebe geschützt zu sein. Beispiele dafür sind das Gesäß, die großen Rollhügel (Trochanteren) an der Außenseite der Oberschenkel im Hüftbereich sowie an Knöchel und Fersen.

    In Rückenlage tritt Dekubitus am häufigsten am Gesäß, über dem Steißbein und an den Fersen auf. In Seitenlage sind meist die Rollhügel der Oberschenkel und die Fußknöchel betroffen. Selten entwickelt sich ein Dekubitus an Ohren, Hinterkopf, Schulterblättern oder Zehen.

    Grundsätzlich bilden sich Druckgeschwüre seltener in Seiten- oder Bauchlage. Eine Ausnahme sind längere Operationen in Bauchlage, dabei entstehen manchmal Druckgeschwüre an Knien, im Gesicht (Stirn und Kinn), an den Zehen oder im Schambeinbereich.

    Dekubitus: Komplikationen

    Ein Druckgeschwür braucht eine schnell Behandlung, ansonsten breitet es sich in tiefere Gewebeschichten aus. Das Gewebe stirbt dann in manchen Fällen ab (Nekrose). Dies macht eine operative Entfernung notwendig.

    Außerdem ist es möglich, dass sich die Wunde entzündet. Reicht die Entzündung bereits bis in den Knochen hinein, weiten sich die Erreger mitunter auch dort aus. So entwickeln sich unter Umständen eine Knochenentzündung (Ostitis) und eine Knochenmarksentzündung (Osteomyelitis). Breiten sich die Keime noch weiter im Körper aus, löst dies gegebenenfalls eine Lungenentzündung, Knochenabszesse oder eine Blutvergiftung (Sepsis) aus.

    Auch Mangelerscheinungen sind manchmal die Folge von Dekubitus, wenn dieser sich großflächig auf der Haut ausbreitet. Denn dann verliert der Betroffene über die offene Wunde permanent wichtige Mineralstoffe und Eiweiße.

    Wie entsteht ein Dekubitus?

    Ein Dekubitus entsteht, wenn das Gewebe dauerhaft zu starkem Druck ausgesetzt ist. Der Druck presst die kleinen Blutgefäße zusammen, sodass die Zellen nicht mehr ausreichend Sauerstoff und Nährstoffe erhalten. Durch die Unterversorgung sterben die Gewebezellen ab.

    Hinzu kommt, dass der Abfluss des Blutes durch die Venen nicht mehr möglich ist. Dadurch sammeln sich saure Stoffwechselprodukte im Gewebe an. Bei gesunden Menschen löst der daraus resultierende Druckschmerz eine reflexartige Bewegung aus, die den Druck von der betroffenen Körperstelle nimmt. Dadurch kommt es wieder zu einer besseren Durchblutung des Gewebes.

    Anders bei älteren Menschen und Patienten mit einem gestörten Schmerzempfinden: Bei ihnen ist dieser Bewegungsreflex oft abgeschwächt. So bleibt der Druck bestehen und das Gewebe übersäuert.

    Durch die Übersäuerung des Gewebes stellen sich die arteriellen Blutgefäße weit, um so das Gewebe stärker zu durchbluten. Sichtbar ist dies daran, dass die Haut sich rötet. Die weitgestellten Gefäße geben Flüssigkeit und Eiweiße an das angrenzende Gewebe ab, woraus sich Wasseransammlungen (Ödeme) und Blasen bilden. Die Gewebezerstörung nimmt immer stärker zu ? ein Dekubitus ist entstanden.

    Dekubitus: Risikofaktoren

    Verschiedene Faktoren begünstigen die Entstehung von Dekubitus:

    • Langes Liegen oder Sitzen: Dekubitus entwickelt sich vor allem bei Menschen, die über einen längeren Zeitraum mehr oder weniger bewegungslos liegen oder sitzen. Häufig treten die Druckgeschwüre bei älteren Patienten auf, die aufgrund einer akuten oder chronischen Erkrankung bettlägerig sind. Auch Patienten im Rollstuhl gehören zur Risikogruppe.
    • Dünne, unelastische Haut: Die Haut älterer Menschen ist oft trocken und unelastisch. Damit ist sie besonders empfindlich gegenüber Scherkräften (Verschiebungen der Gewebeschichten gegeneinander). Rutschen die Patienten unruhig im Bett herum, schädigt die dabei entstehende Reibung die dünne Haut unter Umständen erheblich und fördert die Entstehung eines Druckgeschwürs.
    • Zuckerkrankheit (Diabetes): Die Zuckerkrankheit schädigt mit der Zeit die Nerven, sodass Menschen mit Diabetes teilweise Berührungen, Druck und Schmerzen nicht mehr so gut wahrnehmen. Entsprechend verzögert registrieren sie erhöhten Druck auf Haut und Gewebe.
    • Reduzierte Schmerzempfindlichkeit
    • Geringer Körperfettanteil
    • Inkontinenz: Führt beispielsweise zu feuchter Haut an After oder Scheide. Die Haut weicht auf, was Druckgeschwüre begünstigt.
    • Bestimmte Medikamente: Beispielsweise Schmerzmittel
    • Übergewicht: Erhöht beim Liegen oder Sitzen den Druck auf Haut und Gewebe.
    • Mangelnde Pflege: Langes Liegen in feuchten und verschmutzten Inkontinenzvorlagen oder -hosen weicht die Haut auf, führt zu Reizungen und begünstigt so einen Dekubitus.
    • Mangel-/Unterernährung: Sie trocknet die Haut aus. Zudem fehlt es den Betroffenen an Fettdepots, die den Druck abfedern. Beides ebnet Druckgeschwüren den Weg.
    • Bereits bestehende Hautkrankheiten und -reizungen

    Wie wird ein Dekubitus festgestellt?

    Ein Dekubitus ist in der Regel mit dem bloßen Auge erkennbar. Deshalb ist es wichtig, bei Menschen mit einem erhöhten Dekubitus-Risiko besonders anfällige Körperbereiche wie beispielsweise die Fersen oder Steißregion regelmäßig zu inspizieren. Liegen hier typische Symptome vor, ist dies für den Arzt oder die Pflegekraft ein erster Hinweis auf einen Dekubitus.

    Insbesondere für Menschen, die zu Hause gepflegt werden, sowie für deren Angehörige ist die Kenntnis um das Dekubitus-Risiko unerlässlich. Auch hier ist eine sorgfältige und regelmäßige Hautinspektion zwingend erforderlich.

    In Kliniken und Pflegeheimen kümmert sich das Pflegepersonal um diese wichtige Aufgabe. In der Regel dokumentieren Pflegekräfte bei Aufnahme sowie anschließend in regelmäßigen Abständen den Zustand der Haut. Daneben erheben sie die Risikofaktoren und den individuellen Risikostatus für Dekubitus. Dieser dient als Grundlage für die Dekubitus-Prophylaxe.

    Die Dekubitus-Prophylaxe ist ein wichtiges Feld der Pflegeberufe. Aus diesem Grund gibt es einen sogenannten "Expertenstandard zur Dekubitusprophylaxe", den das Deutsche Netzwerk für Qualitätssicherung in der Pflege (DNQP) herausgibt. Dieser richtet sich an professionelle Pflegefachkräfte in diversen medizinischen Einrichtungen und möchte die Qualität in der Pflege steigen, um so etwa Druckgeschwüre zu verhindern.

    Fingertest

    Ist die Haut intakt, führt der Arzt oder die Pflegekraft meist den Fingertest durch. Mit diesem lässt sich ein Dekubitus frühzeitig identifizieren. Dazu drückt die behandelnde Person mit dem Finger auf die bereits gerötete, verdächtige Hautstelle des Betroffenen. Ist die Haut direkt nach dem Loslassen nicht deutlich blasser und bleibt gerötet, ist der Fingertest positiv. In einem solchen Fall liegt bereits ein Druckgeschwür Stadium eins vor.

    Abstrich, Blutprobe, Röntgen

    Liegt bereits ein Dekubitus als offene Wunde vor, ordnet der Arzt weitere Untersuchungen an. Anhand dieser lassen sich das Ausmaß des Dekubitus beurteilen und die notwendige Behandlung einleiten.

    Um zu beurteilen, ob eine Infektion der Wunde vorliegt, nimmt der Arzt eine Gewebeprobe meist in Form eines Abstrichs der betroffenen Stelle. Im Labor erfolgt dann eine Untersuchung auf Keimansiedlung. Daneben zieht er die typischen Symptome einer Infektion, wie Fieber oder Schüttelfrost, als Hinweis auf eine Infektion heran.

    Zusätzlich nimmt der Arzt bei einem Verdacht auf eine Infektion des Dekubitus eine Blutprobe ab. Im Labor lassen sich Entzündungswerte ablesen und in manchen Fällen Erreger im Blut nachweisen.

    Bei einem weit fortgeschrittenen Druckgeschwür kommen zudem bildgebende Untersuchungsverfahren zum Einsatz. Um die Gewebeschäden zu beurteilen, führen Ärzte in manchen Fällen einen Ultraschall durch. Durch Röntgen, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) lässt sich feststellen, ob der Dekubitus bereits in den Knochen eingedrungen ist oder ob Fisteln (Verbindungsgang in ein Hohlorgan) vorliegen.

    Wie kann man einem Dekubitus vorbeugen?

    Mediziner und Pflegepersonal schätzen bei jedem Patienten regelmäßig das individuelle Dekubitus-Risiko ab. Zu diesem Zweck nutzen sie Dokumentationsbögen, zum Beispiel die sogenannte Braden-Skala.

    Bei der Braden-Skala gibt es für sechs Risikofaktoren (Mobilität, Aktivität, Reibungs- und Scherkräfte, Ernährung, Feuchtigkeit, sensorische Wahrnehmung) jeweils ein bis vier Punkte. Die Summe aller Punkte bestimmt die Risikoeinschätzung. 18 Punkte oder mehr bedeutet kein Dekubitus-Risiko, bei neun Punkten besteht ein sehr hohes Dekubitus-Risiko. Je geringer die Zahl, desto höher also das Risiko.

    Anhand des Ergebnisses erstellen Ärzte und Pflegende eine individuellen Maßnahmenplan zur Dekubitus-Prophylaxe beziehungsweise zur Vorbeugung eines Dekubitus. Zu diesen Maßnahmen zählen beispielsweise:

    Lagerung und Mobilisierung

    Bei bettlägerigen oder immobilen Patienten ist es wichtig, regelmäßig die Liegeposition zu wechseln ? auch wenn die Betroffenen auf einer Anti-Dekubitus-Matratze liegen. Pflegekräfte nutzen dazu verschiedene Lagerungstechniken und Hilfsmittel. Bei der Lagerung geht es um die komplette Druckentlastung beziehungsweise um das Freilagern von besonders gefährdeten Stellen, wie beispielsweise den Fersen.

    Daneben spielt die Mobilisierung der Patienten mithilfe gezielter Bewegungsübungen eine zentrale Rolle. Je nach körperlicher Fähigkeit führt sie der Betroffen selbst als aktive Bewegungsübung durch oder die Bewegung erfolgt passiv mit der Unterstützung eines Physiotherapeuten oder einer Pflegekraft.

    Neben der körperlichen gehört dazu auch die Aktivierung der geistigen Mobilität. Sie ist in vielen Fällen eine wichtige Voraussetzung für die körperliche Bewegung. Lesen, Radio hören, Hobbys, Gespräche ? all dies regt den Geist an und hält den Körper fit.

    Hautpflege

    Daneben ist eine regelmäßige Hautbeobachtung und eine sorgfältige Hautpflege wichtig. Letztere hält die Haut gesund und senkt so das Dekubitus-Risiko. Richtige Hautpflege bedeutet mit Blick auf die Dekubitus-Prophylaxe:

    • Die Haut mit möglichst kühlem Wasser waschen, da zu warmes Wasser die Haut austrocknet
    • Auf Waschzusätze weitgehend verzichten bzw. flüssige, pH-neutrale Substanzen bevorzugen
    • Bei sehr trockener und spröder Haut Ölbäder-Zusätze verwenden
    • An den Hauttyp des Patienten angepasste Pflegeprodukte wie Cremes und Lotionen benutzen (z. B. Wasser-in-Öl-Produkte für normale bis trockene Haut; Öl-in-Wasser-Produkte für fettige Haut)

    Richtige Ernährung

    Über die Ernährung lässt sich ein Dekubitus zwar nicht verhindern, aber das Entstehungsrisiko senken.

    Experten empfehlen eine vollwertige, abwechslungsreiche Ernährung. Bei bereits bestehenden Druckgeschwüren ist es wichtig, ausreichend Vitamine und Mineralstoffe zuzuführen, um so die Wundheilung zu fördern. Außerdem ist vor allem bei gefährdeten Patienten auf eine ausreichende Trinkmenge zu achten, um ein Austrocknen der Haut zu vermeiden.

    Weitere Maßnahmen

    Folgende Maßnahmen helfen ebenfalls, das Dekubitus-Risiko zu senken:

    • Häufiges Wechseln von Kleidung und Bettwäsche bei Patienten, die stark schwitzen oder inkontinent sind. So lässt sich vermeiden, dass die Haut durch die Feuchtigkeit aufweicht.
    • Verwendung atmungsaktiver Inkontinenzwäsche
    • Knöpfe und Nähte von Nacht- und Bettwäsche so platzieren, dass sie nicht auf die gefährdeten Hautpartien drücken
    • Therapie von Grund- und Begleiterkrankungen (Diabetes, Depression etc.)

    Für pflegende Angehörige gibt es spezielle Kurse zur Dekubitus-Prophylaxe. In diesen erlernen Sie, wie sich Druckgeschwüren wirksam vorbeugen lässt. Zu den Kursinhalten gehören etwa Informationen über geeignete Lagerungs- und Umlagerungstechniken sowie Tipps für passende Hilfsmittel und Pflegemaßnahmen.

    Wie verläuft ein Dekubitus?

    Wie lange es dauert, bis ein Patient einen Dekubitus entwickelt, hängt von vielen Faktoren ab. Neben dem Alter des Patienten spielen unter anderem sein Ernährungszustand und die Ursache der Bettlägerigkeit eine große Rolle. Bei einigen Menschen entwickelt sich schon innerhalb weniger Stunden ein Dekubitus. Das passiert mitunter, wenn die Haut durch andere Krankheiten vorgeschädigt oder der Stoffwechsel gestört ist (etwa bei Diabetes).

    Ein fortgeschrittener Dekubitus heilt auch bei optimaler Behandlung nur langsam. Manchmal dauert es Monate, bis das Druckgeschwür vollständig verschwunden ist. Deshalb ist es so wichtig, auf eine sorgfältige Dekubitus-Prophylaxe zu achten und im Ernstfall schnell zu reagieren.

    Doch auch nach dem Abheilen eines Druckgeschwürs haben die Patienten ein erhöhtes Risiko, an der betroffenen Stelle erneut einen Dekubitus zu entwickeln (Rezidiv). Aus diesem Grund ist es dringend ratsam, die betreffende Hautpartie besonders intensiv zu beobachten und sorgfältig vor Druck zu schützen ist. So lässt sich verhindern, dass sich ein weiterer Dekubitus bildet.

    Laut Statistik haben im Krankenhaus behandelte Menschen mit Dekubitus ein erhöhtes Sterberisiko. In der Regel versterben diese Patienten zwar an ihrer Grunderkrankung und nicht an den Druckgeschwüren, aber in einigen Fällen ist der Dekubitus ein mitbestimmender Faktor. Bei Menschen mit chronischen Druckgeschwüren ist eine häufige Todesursache meist ein Nierenversagen oder eine Amyloidose.

    Der Großteil der Druckgeschwüre ist jedoch oberflächlich und heilt in der Regel wieder ab.


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    Institut für Innovationen im Gesundheitswesen und angewandte Pflegeforschung e.V. (IGAP): www.igap.de (Abruf: 15.07.2018)
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    11. April 2022 ― Lesezeit: 15 Minuten
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