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  • 07. Juni 2016 ― Lesezeit: 5 Minuten

    Franz Harnoncourt-Unverzagt – GRAWE Ehrenpräsident

    Bis heute war und ist jeder Aufsichtsratspräsident der GRAWE ein Nachfahre des "steirischen Prinzen" Erzherzog Johann. Vorgänger des aktuellen Präsidenten des Aufsichtsrates, Dr. Philipp Meran, war dessen Onkel Franz Harnoncourt-Unverzagt. Der Ururenkel des Erzherzogs ist nun Ehrenpräsident der GRAWE.

    Franz Graf de la Fontaine und d'Harnoncourt-Unverzagt ist Vater von 6 Kindern und ein Familienmensch. Der 1937 im Grazer Palais Meran als Sohn von Eberhard Graf de la Fontaine und d'Harnoncourt-Unverzagt und seiner Frau Ladislaja Gräfin von Meran geborene Jurist ist das jüngste von 7 Kindern. "In einer Großfamilie aufzuwachsen ist das Beste, das einem Kind passieren kann", meint Herr Harnoncourt-Unverzagt. Obwohl er das Nesthäkchen war, wurde er nicht verhätschelt: "Da haben meine Geschwister schon aufgepasst."

     

    Familie Harnoncourt-Unverzagt
    Die Familie Harnoncourt-Unverzagt bei der Goldenen Hochzeit von Marion und Franz Harnoncourt-Unverzagt.

    Zu seinen Geschwistern hatte er stets ein sehr enges Verhältnis, genauso wie zu seinen Eltern, die laut eigenen Angaben "zwar streng, aber großartig" waren.

    Der Umgang mit Geld wurde im Hause Harnoncourt-Unverzagt schon früh zum Thema, immer noch ist Franz Harnoncourt-Unverzagt ein Freund des Sparens. "Als Kinder hatten wir Monatsgeld und ein kleines Büchlein, in das wir unsere Ausgaben eintrugen. Am Ende des Monats wurden diese dann mit dem Vater besprochen." Wenn etwa ein Fahrrad auf der Wunschliste stand, wurde nicht einfach eines geschenkt, man musste sich das Gefährt erst zusammensparen. "Mein Vater, der ein großer Bastler war, zeichnete ein Fahrrad auf. Dieses war in Einzelteile zerlegt, jeder Teil hatte einen gewissen Wert. Dann wurde gespart, bis man alle Teile des Fahrrads zusammen hatte."

    1956 maturierte Herr Harnoncourt-Unverzagt, absolvierte danach das Bundesheer und begann sein Jurastudium. Während des Studiums war er als Werkstudent in einer Steuerberatungskanzlei tätig, für die er die Inventurrechnung der Firma Binder + Co., einer Stahl- und Maschinenbaufirma, machte. "Ich musste einzelne Schrauben und andere kleine Teile abzählen. Dann ließ ich mir ein kluges System einfallen, mit dem ich schneller arbeiten konnte, indem ich die Teile abwog und mir dann die Stückzahl ausrechnete." Durch den Job finanzierte sich Franz Harnoncourt-Unverzagt einen Großteil seines Studiums und der Studiengebühren selbst.
     

    "Es ist sehr wichtig für junge Menschen, sich selbst etwas zu erarbeiten und mit dem verdienten Geld sinnvoll umzugehen."
     

    Der Übersättigung unserer heutigen (Konsum)Gesellschaft steht Herr Harnoncourt-Unverzagt ebenso kritisch gegenüber wie der leichtfertigen Bereitschaft, für Kleinigkeiten Kredite aufzunehmen. "Man kann aber nicht sagen, früher war alles schön und besser", so Harnoncourt, "heute ist es einfach anders. Es gibt keinen Stillstand, jeder ist ständig in Bewegung und verändert sich. Jede Bewegung hat es in sich, Positives und Negatives zu bewirken, so wie jeder Mensch Positives und Negatives in sich trägt. Viel Neues kann man einfach nicht nachvollziehen, wenn man in einer anderen Zeit aufgewachsen ist."

    Franz Harnoncourt-Unverzagt kam kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges zur Welt und wuchs im Krieg auf. Graz war zwar nicht kampfbedroht, Herr Harnoncourt erinnert sich aber daran, einmal auf seinem Schulweg durch die Naglergasse über die Trümmer eines am Vorabend zerbombten Hauses geklettert zu sein. "So war eben die Situation." Bei Fliegeralarm versteckte sich die Familie im Keller des Wohnhauses, das gehörte zum täglichen Leben dazu. Im letzten Kriegsjahr zog die Familie an den Grundlsee, Harnoncourts Vater hielt dies für sicherer, er selbst musste der Arbeit wegen in Graz bleiben.

    Aus dieser Zeit ist Franz Harnoncourt eine Angewohnheit geblieben: Er kann Essen nicht wegwerfen. " Früher habe ich immer die Teller meiner Enkelkinder leergegessen. Nach Kriegsende musste alles verwertet werden. Dass die Stadt Wien soviel Brot wegwirft, wie die Stadt Graz täglich braucht, ist erschreckend." Auch, dass unser Wohlstand nur durch Konsum und Wachstum haltbar sein soll, hält Herr Harnoncourt-Unverzagt für unwahr.
     

    "Wachstum kann nicht extrapoliert werden. Was soll man noch konsumieren, wenn man schon alles hat?
     

    Eine Lösung des Problems sieht Franz Harnoncourt als schwierig an. "Wenn jeder Bürger über einem gewissen Basiseinkommen, auf 10% seines Einkommens verzichten würde, um dieses Geld etwa in Nachhaltigkeit zu investieren, könnte man sicher viel machen. Das wird aber wohl nicht passieren."

    Nach dem Studium ging Herr Harnoncourt für zwei Jahre nach Philadelphia. "Ich habe für Binder + Co. an der Vorbereitung von Lizenzverhandlungen mit einer amerikanischen Firma gearbeitet und Patentschriften übersetzt, obwohl ich in der Schule kein Englisch hatte. Mein Chef hat mir dann den Aufenthalt in Amerika angeboten. Damals war eine sehr spannende Zeit – die Invasion der Schweinebucht auf Kuba, Chrustschow, die Kubakrise. Ich erinnere mich noch genau, als ich auf der Lancaster Avenue fuhr und im Radio die Ermordung von Präsident John F. Kennedy verkündet wurde."

     

    Traditionskaufhaus Kastner & Öhler
    Das Traditionskaufhaus Kastner & Öhler ist ein Juwel der Grazer Altstadt.

    Im Anschluss an seine Zeit bei Binder + Co. stieg Franz Harnoncourt-Unverzagt auf Anfrage seines Schwiegervaters beiKastner & Öhlerein (Anm.: seine Frau Marion ist Mitteilhaberin des Unternehmens). Er musste eine vierjährige Ausbildung absolvieren, im ersten Jahr arbeitete er als Lagerarbeiter und Verkäufer in verschiedenen Abteilungen wie der Stoffabteilung. Danach war er unter anderem in der Damenkonfektion als Einkäufer und viele Jahre als Personalchef tätig. Noch heute interessiert sich Herr Harnoncourt sehr für Mode. "Ich freue mich immer, wenn Leute einen Sinn dafür haben. Die Kunst, seiner Persönlichkeit durch Mode Ausdruck zu verleihen, schätze ich sehr." Nur die heutige Schnelllebigkeit der Branche stört ihn. "Klassiker findet man immer schwerer. Ich trage am liebsten Anzüge mit drei Knöpfen, die bekommt man aber nur mehr sehr selten."

    Nach seiner Karriere bei Kastner kam Franz Harnoncourt in den Aufsichtsrat derGRAWE, zu der er einen ganz besonders innigen Bezug hat. 1984 folgte er seinem Cousin als Aufsichtsratspräsident nach. "Daraufhin begann die Überlegung, in welche Richtung sich das Unternehmen entwickeln soll und kann. Bleiben wir "Provinzkaiser" oder gehen wir ins Ausland? Und wenn ja, wohin?" Die GRAWE startete den Versuch, sich im damaligen Jugoslawien zu positionieren, und bekam als erstes westliches Unternehmen 1990 die Konzession. Von dort weg begann die herausfordernde Entwicklung hin in andere Länder und zum Konzern. Das Wichtigste für Franz Harnoncourt-Unverzagt ist die Unabhängigkeit der GRAWE: "Die Struktur als Verein auf Gegenseitigkeit gilt es auf jeden Fall zu erhalten. Sobald Unternehmensteile an die Börse gehen, ist die Todesstunde des Unternehmens angebrochen. Man muss die Eigenwirtschaftlichkeit und Eigenstruktur bewahren." Als Besonders empfindet Herr Harnoncourt auch das Miteinander in der GRAWE. "Es gibt kein Oben und Unten. Egal ob Dame in der Hausreinigung oder Abteilungsleiter, jeder hat eine wichtige Funktion, wird anerkannt und wertgeschätzt. So gesehen hat die GRAWE den Charakter eines Familienbetriebs."

    Nicht nur zur GRAWE, auch zu seinem Ur-Urgroßvater Erzherzog Johann hat Franz Harnoncourt viel Bezug. Solang seine Großeltern noch lebten, verbrachte die ganze Enkelschar die Sommerferien am Brandhof nicht weit von Mariazell. Die Großmutter erzählte immer viel vom Erzherzog, Herr Harnoncourt selbst führte eine Zeit lang Besucher durch den Brandhof. Er verwaltet das Erzherzog Johann-Archiv im Landesmuseum und ist 2. Stellvertreter des Präsidenten des Kuratoriums des Universalmuseums Joanneum. Ein weiterer Berührungspunkt ist die Jagd, nicht nur für Franz Harnoncourt-Unverzagt, sondern für die ganze Familie. "Die Älteren meiner Enkelkinder – mittlerweile sind es insgesamt 17 – haben schon einen Jagdschein."

    Außer für die Jagd interessiert sich Herr Harnoncourt-Unverzagt für Musik (er ist Präsident des Musikvereins Steiermark) und Malerei, es kann auch vorkommen dass er spontan Limericks oder Schüttelreime dichtet.

    Der Brandlhof bei Mariazell
    Der Brandlhof bei Mariazell.

    Eine große Leidenschaft des Grazers ist das Reisen. "Ich finde es spannend, andere Kulturen und Gesellschaftssysteme kennenzulernen. Die Begeisterung wird mit dem Älterwerden mühsamer, ich bin aber immer noch sehr viel unterwegs." Bis Juli 2014 war Herr Harnoncourt als Rechnungshofpräsident des Malteserordens fast zweimal monatlich in Rom, kürzlich besuchte er seine Schwester in Amerika und seinen Großneffen in Panama. "Er lebt seit 8 Jahren beim Indianerstamm der Kuna und hat dort geheiratet. Dort gibt es weder Strom noch fließendes Wasser."

    Wenn er nicht auf Reisen ist, verbringt Franz Harnoncourt seine Zeit am liebsten im Familiendomizil am Grundlsee. Aber auch Graz hat einen Platz in seinem Herzen: "Ich finde, Graz ist eine sehr sympathische Stadt. Ich schätze sie sehr und kann sie allen Besuchern nur empfehlen!"

    Glaube spielt eine große Rolle im Leben von Herrn Harnoncourt, seine Frau und er sind praktizierende Katholiken "aus Überzeugung". Andersdenkende oder -gläubige zu verurteilen käme ihm aber nie in den Sinn. Werte und Traditionen sind Franz Harnoncourt-Unverzagt sehr wichtig, diese sollen aber nicht nach als Grundprinzip nach dem Motto "So ist es, so war es immer, so muss es sein" fungieren.
     

    "Man entwickelt sich schließlich kontinuierlich weiter, soll aber nicht auf seine Wurzeln vergessen und wissen, wo man herkommt."

     

    Franz Harnoncourt-Unverzagt

    Seinen Kindern hat er beigebracht, zu Fairness, Aufrichtigkeit und Geradlinigkeit zu stehen. "Das ist Grundbedingung und das haben unsere Vorfahren teilweise auch vorgelebt, der Erzherzog ist da ein gutes Beispiel." Was er außerdem für wichtig erachtet? "Man soll nie auf die Idee kommen, sich über jemanden zu erheben, und dafür dankbar sein, was einem gegeben und geschenkt ist."

    Gibt es etwas, das Franz Harnoncourt-Unverzagt gar nicht ausstehen kann? "Das Rauchen. Ich konnte es mir nie angewöhnen, obwohl ich es ein paar Mal versucht habe, zum Beispiel beim Bundesheer. Pfeife, Zigarre, Zigarette – mir grauste vor allem." Trotzdem hatte der Nichtraucher als Student eine schwere Nikotinvergiftung. "Ein Freund wollte mich motivieren, eine zu rauchen, ich meinte, da ess' ich noch lieber eine Zigarette." Gesagt, getan. Als Konsequenz musste ihm dann im Krankenhaus der Magen ausgepumpt werden. "Damit hatte sich das Thema Zigarette dann für mich erledigt."

    07. Juni 2016 ― Lesezeit: 6 Minuten
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